Zum Wissenschaftsjahr 2018

Wissenswertes

Die erstaunlichsten Fakten zum Thema Meere und Ozeane

Ein Fisch wechselt mit mehr als 30 Jahren das Geschlecht. Ein Essen wird der Legende nach speziell für Seeleute mit starken Zahnschmerzen zubereitet. Und bei einem Ritus verkleiden sich Seefahrer als Meeresgott Neptun: Um Meere und Ozeane ranken sich viele Geschichten, die den Leser zum Staunen, zum Nachdenken und zum Diskutieren bringen. Angereichert mit zahlreichen Fakten haben wir die Geschichten aufgeschrieben – und präsentieren sie in unserer Rubrik „Wissenswertes“.

 


Korallen, die Kälte und Dunkelheit mögen

Wussten Sie schon, dass auch im Nordatlantik, vor der Küste Irlands, Korallenriffe vorkommen?

Im Zusammenhang mit Korallen denken die meisten Menschen wohl zuerst an tropische Flachwasser-Riffe wie das australische Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Erde. Was viele nicht wissen: Korallenriffe, oder besser gesagt: Korallenhügel, wachsen auch im nördlichen Atlantik. Mehr als 200 Kilometer vor der Westküste Irlands befindet sich die Porcupine Seabight mit ihren spektakulären, von Kaltwasserkorallen gebildeten Ökosystemen. – Wie der Name schon sagt, kommen Kaltwasserkorallen im Vergleich zu ihren tropischen Verwandten mit deutlich niedrigen Temperaturen zurecht. In der Porcupine-Region besiedeln die Korallen in 600 bis 900 Meter Wassertiefe bei Wassertemperaturen um acht Grad Celsius bis zu 200 Meter hohe Hügel. Diese wurden von den Korallen im Lauf der letzten rund 2,7 Millionen Jahren gebildet.

Wie ist das angesichts von kühlen Temperaturen und in der in diesen Meerestiefen herrschenden Dunkelheit möglich? Während viele Flachwasserkorallen in den Tropen in Symbiose mit lichthungrigen Algen leben, ernähren sich Kaltwasserkorallen ausschließlich von winzigen Krebse und Algen, die sie mit ihren Tentakeln aus den bodennahen Meeresströmungen fangen. Dabei profitieren die Korallen in der Porcupine Seabight von lokalen Besonderheiten: Denn am nordosteuropäischen Kontinentalrand trifft sehr salzhaltiges Wasser, das aus dem Mittelmeer stammt, auf weniger salzhaltiges Nordatlantikwasser. Wegen des hohen Salzgehaltes schiebt sich das Mittelmeer- komplett unter das spezifisch leichtere Nordatlantikwasser. Die Kaltwasserriffe bilden sich direkt an der Grenze der beiden Wassermassen. Nur dort reichern sich die Nahrungspartikel an und erzeugen somit optimale Bedingungen für die Korallen.


Die Bergfahrt für Schiffe

Wussten Sie schon, dass Schiffe bergauf fahren können?

In der Sprache der Binnenschiffer, in deren Kommunikation etwa mit Lotsenstationen oder Schleusen, sind Berg- bzw. Talfahrt. Schiffe fahren flussaufwärts, zu Berg, oder flussabwärts, zu Tal. Zwar überwinden sie, wie am Oberrhein, das Gefälle der Flüsse, mit Hilfe von Schleusen. Meist aber fahren sie vollbeladen im zügigen Fußgängertempo zu Berg und überwinden dabei erhebliche Höhenunterschiede. Ein Schiff, dass von Hamburg elbauf etwa nach Bad Schandau in die Sächsische Schweiz fährt, bewältigt einen Anstieg von gut 115 Meter.

Aber auch Seeschiffe fahren bergauf und bergab – auch wenn das aufgrund der minimalen Neigungen der Meeresoberfläche nicht wahrnehmbar ist. Dafür gibt es mehrere Gründe: Gezeiten, Luftdruckänderungen oder Winde. Vor allem bewirken unterschiedlich dichte Gesteine im Erdinnern, dass die Schwerkraft bzw. die Erdanziehung von Ort zu Ort unterschiedlich groß ist. An der Ozeanoberfläche führt dies zu Beulen und Dellen. Wo die Schwerkraft groß ist, entstehen Beulen; dort, wo die Erdanziehung geringer ist, weist das Meer Dellen auf. So liegt der Meeresspiegel im Indischen Ozean bis zu 190 Meter tiefer als vor der westpazifischen Küste Australiens. Wissenschaftler vom Geoforschungszentrum in Potsdam haben das Schwerfeld der Erde vermessen und grafisch dargestellt. Demnach hat unser blauer Planet eher die Gestalt einer Kartoffel als die einer Kugel.


Der Kälterekord im ewigen Eis

Wussten Sie schon, dass die niedrigste je auf der Erde gemessene Temperatur bei minus 93 Grad Celsius im Eis liegt?

Diese Kälte ist für den Menschen kaum zu überleben. Schon das Atmen wäre gefährlich. In einer Senke hinter einem rund 3.800 Meter hohen Gebirgsrücken in der Antarktis haben amerikanische Forscher die weltweit kälteste je festgestellte Temperatur gemessen. Mit minus 93 Grad Celsius ist das Plateau in der Ost-Antarktis der eisigste Ort der Erde.

Der frühere Kälterekord wurde in der Nähe der russischen Forschungsstation Vostok gemessen, wo am 21. Juli 1983 eine Temperatur von minus 89,2 Grad Celsius herrschte. Jetzt nutzten die Amerikaner eine Spezialkamera des Erdbeobachtungssatelliten Landsat 8, die die Temperatur der Erdoberfläche aufgrund der Infrarot-Abstrahlung exakt bestimmen kann – und am 10. August 2010, im antarktischen Winter, den neuen Kälterekord dokumentierte. Die wichtigsten Gründe für die Extremtemperatur sehen die Forscher in der klaren Winternacht und der besonderen Landschaft in diesem Teil der Antarktis: Das Kältepaket rutschte, von der Schwerkraft angezogen, in die Senke hinter dem Gebirgsrücken ab und blieb dort liegen. Während der Nacht verlor es weiter an Wärme – bis die Temperatur auf ihren Tiefstwert stürzte. – Ähnliches gilt für den kältesten Ort Deutschlands, den Funtensee im Nationalpark Berchtesgaden. Auch er liegt in einer von Bergen umrahmten Senke mehr als 1.600 Meter über dem Meeresspiegel. Im Winter, wenn die Sonne kaum den Talgrund erreicht, sammelt sich extrem kalte Luft in der Senke an. Im Dezember 2001 ermittelte der Deutsche Wetterdienst einen Kälterekord von minus 44 Grad Celsius.


Die Würmer ohne Maul, Magen und Darm

Wussten Sie schon, dass in der Tiefsee riesige Röhrenwürmer ohne Mund, Magen und Darm leben?

Röhrenwürmer der Art Riftia pachyptila leben in mehr als 2.000 Metern Tiefe und wurden bislang nur an heißen Quellen in der Nähe der Galapagos-Inseln gefunden. Dort siedeln sie am Meeresgrund in der Nähe sogenannter Schwarze Rauchern. Das sind mehrere hundert Grad Celsius heiße Quellen, die schwarze Wasserwolken ausstoßen. Sie sind deshalb so dunkel, weil das heiße Wasser zuvor im Meeresboden Eisen-, Mangan-, Kupfer- und andere Schwermetallpartikel löst und mit sich reißt. Röhrenwürmer halten aber Abstand zu den Heißwasserschloten: Wassertemperaturen von mehr als 30 Grad Celsius vertragen sie nicht.

Ausgewachsene Würmer leben in bis zu zwei Meter langen, am Meeresgrund verankerten Röhren, die sie niemals verlassen. Da sie weder über Mund und Magen noch über einen Darm verfügen, können sie sich theoretisch nicht ernähren. Doch ihr Körper ist mit besonderen Bakterien ausgestattet. Diese benutzen Schwefelwasserstoff, das in großen Mengen an den heißen Quellen vorhanden ist, als Energiequelle. So können sie zunächst Kohlendioxid fixieren, um diesen dann in Nährstoffe umzuwandeln – von denen wiederum die Würmer leben.