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Expedition nach Ritter Island

Tipp

Expedition nach Ritter Island

Direkt von Bord – Ein Expeditionsblogbeitrag des Forschungsschiffes Sonne

Expedition nach Ritter Island

Der erste Expeditionsblog der Forschungsfahrt SO252 Dienstag, 15.11.2016:

Am Morgen des 05.11.2016 haben wir bei schönem Wetter den Hafen von Yokohama in Japan an Bord des deutschen Forschungsschiffs SONNE in Richtung Süden verlassen. Wir sind ein internationales Team von 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen, vor allem aus dem Bereich Geophysik, aber wir haben auch Fachleute für Sedimentologie, Geologie, Biologie und Chemie an Bord.

Prof. Dr. Christian Berndt ist seit 2008 Professor für Marine Geophysik am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (bis 31.12.2011: IFM-GEOMAR). Vorher hat er unter anderem am National Oceanography Centre in Southampton (UK) geforscht. Er interessiert sich unter anderem für den Einfluss von geologischen Prozessen auf die Klimaentwicklung und für die Stabilität untermeerischer Hänge.

Unser Ziel ist Ritter Island, eine vulkanische Insel in der Bismarcksee vor Papua-Neuguinea. Im Jahre 1888 rutschte dort die Westflanke der Insel ab und verursachte einen Tsunami. Zu dieser Zeit siedelten deutsche Kolonisten in dieser Region, die sehr detaillierte Aufzeichnungen über den Erdrutsch, die Höhe des Tsunami und die Auswirkungen anfertigten. Mit einem Volumen von 5 km³ stellt dieser Rutsch einen der größten belegten Flankenkollapse der Geschichte dar. Ritter Island bietet daher ideale Bedingungen für eine Rekonstruktion der Geschehnisse und eine darauf aufbauende Gefährdungsanalyse anderer Ozeaninseln.

Die Umstände des Erdrutsches werden wir auf dieser Ausfahrt mittels verschiedener Messverfahren und durch den Einsatz unterschiedlicher Geräte erforschen. Zunächst werden wir detailliert die Gestalt des Meeresbodens erfassen, Ozeanboden-Seismometer (OBS) aussetzen, sowie 2D- und 3D-Seismik fahren, um einen Überblick über die Oberfläche des Meeresbodens und die Schichten im Untergrund zu erhalten. Wir hoffen, so die Rutschungsablagerungen des Jahres 1888 zu entdecken und ihre Beschaffenheit und ihre Ausdehnung bestimmen zu können. Diese werden wir anschließend mit einem Schwerelot beproben. Beim Einsatz dieses Geräts werden die ersten Meter des Meeresbodens quasi senkrecht ausgestanzt und zur weiteren Analyse an Bord geholt. Überdies werden wir visuelle Verfahren einsetzen, um den Meeresboden zu erforschen. Dafür haben wir HyBIS, einen mit Kamera und Greifer ausgestatteten Roboter, an Bord, sowie einen videogeführten Greifer und ein OFOS (engl.: Ocean Floor Observation System), das ebenfalls Bilder und Videos des Untergrunds aufnimmt.

Heute, unserem dritten Tag auf See, ist die Stimmung ausgelassen, die Labore werden eingeräumt, und wir Wissenschaftler freuen uns darauf, mit den eigentlichen Arbeiten zu beginnen. Wir schätzen, dass wir in ungefähr vier bis fünf Tagen das Arbeitsgebiet vor Ritter Island erreichen werden und unsere Messungen starten können. Vorher werden wir jedoch noch einen Zwischenstopp über dem Marianengraben einlegen, der mit 11.000 Metern tiefste Punkt im Weltozean. Dort werden wir mit unserem niederländischen Kollegen Hans van Haaren die bislang größte und tiefste Verankerung ausbringen. Dieses ozeanographische Messinstrument soll dort über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren Temperatur- und Strömungsdaten aus elf Kilometern Tiefe aufnehmen und damit zum Verständnis der Ozeanzirkulation beitragen.