Zum Wissenschaftsjahr 2018
„Die Lösung liegt an Land“

„Die Lösung liegt an Land“

Ein Interview mit Prof. Dr. Richard Thompson

„Die Lösung liegt an Land“

Ein Interview mit Prof. Dr. Richard Thompson, University of Plymouth

Wo kommt das Mikroplastik in den Meeren her?

Zu den wichtigsten Quellen gehören Kosmetika, Textilien und insbesondere der Zerfall größerer Plastikteile. Vom Gewicht her machen aber große Gegenstände wie Flaschen oder Verpackungen den größten Anteil aus. Wenn wir das Mikroplastik reduzieren wollen, müssen wir uns also um diese Bestandteile des Plastikmülls kümmern, denn sie sind das Mikroplastik von morgen. Auch wenn man 500 Kilometer vom Meer entfernt wohnt, spielt das eine Rolle. Denn Flüsse sind ein wichtiger, wenn auch bislang kaum erforschter Transportweg für Mikroplastik.

Der Meeresbiologe Prof. Dr. Richard Thompson von der University of Plymouth war einer der ersten, der auf die enorme Verbreitung von mikroskopisch kleinen Plastikteilchen in den Meeren aufmerksam machte. Mittlerweile setzt er sich unter anderem in Gremien der EU und der Vereinten Nationen verstärkt dafür ein, Lösungen für das Problem zu finden.

Wie kann man verhindern, dass weiterhin Plastikmüll ins Meer gelangt?

Wir brauchen einen Systemwechsel. Das größte Problem sind Einwegverpackungen, die 40 Prozent der 300 Millionen Tonnen Plastik ausmachen, die pro Jahr hergestellt werden. Die Industrie muss schon während der Entwicklung darauf achten, dass die Verpackungen recycelt werden können. Ein Beispiel: Viele Verpackungen bestehen aus Polyethylen, das eigentlich sehr gut recycelbar ist. Doch wenn ein Hersteller Getränkeflaschen aus Marketing-Gründen färbt, dann können die Maschinen sie bei der Sortierung nicht erkennen oder sie haben einen geringeren Wert für die Verwerter, und die Flaschen landen möglicherweise auf der Müllkippe. In den Supermärkten existieren unglaublich viele verschiedene Plastiksorten in unterschiedlichen Farben. Das ist ein Riesenproblem für das Recycling.

Wie können Psychologen dazu beitragen, das Problem anzugehen?

Meine Kollegin Sabine Pahl von der University of Plymouth und ich wollen gerne herausfinden, wie man die Begeisterung der Menschen für die marine Umwelt nutzen kann, um sie für das Müllproblem zu sensibilisieren. Denn der Plastikmüll im Meer ist nur ein Symptom, die eigentliche Ursache liegt an Land. Es ist daher keine Lösung, die Ozeane zu säubern – das wäre, als wenn man bei einer überlaufenden Badewanne nur das Wasser im Badezimmer aufwischt, aber nicht den Wasserhahn schließt. Wir wollen auch das Verhalten und die Wahrnehmung der Menschen verändern. Bislang hat Plastik oft keinen Wert und wird daher schnell weggeworfen.

Was halten Sie von dem deutschen System, Einwegflaschen gegen ein Pfand in Supermärkten zurückzunehmen, das so genannte Dosenpfand?

So etwas kann ein sinnvoller erster Schritt sein. Allerdings sagen Psychologen, dass solche Methoden nicht dauerhaft wirken. Das unerwünschte Verhalten kehrt zurück, wenn der monetäre Anreiz wegfällt. Zudem sind Flaschen ja nicht die einzige Einwegverpackung. Letztlich brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, in der Plastik am Ende seines Lebens in neue Gegenstände umgewandelt wird. Das würde weitere Vorteile mit sich bringen: Es gäbe weniger Müll und der Verbrauch an Öl und Gas würde sinken.

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