Die Pumpe im Atlantik
Sie liebt es, auf See zu sein. Ursprünglich hat Eleanor Frajka-Williams Mathematik studiert, doch die Ozeanographie ist ihre Leidenschaft. „Es ist eine fantastische Möglichkeit, die Natur mittels Mathematik und Physik zu studieren und gleichzeitig Abenteuer zu erleben“, sagt die Forscherin von der University of Southampton. Fast jedes Jahr verbringt sie einige Wochen auf Forschungsschiffen, um Messdaten zu gewinnen.
Ihr besonderes Interesse gilt jenem System von Meeresströmungen, das von der Spitze Südafrikas bis nach Grönland reicht und die Wassermassen im Atlantik permanent umwälzt. Dieses riesige Förderband, abgekürzt AMOC (Atlantic Meridional Overturning Circulation), transportiert an der Oberfläche Wärme aus den Tropen nach Norden und heizt so Nordwesteuropa. Gleichzeitig sinkt in hohen nördlichen Breiten kaltes, dichtes Wasser nach unten und strömt in einigen tausend Metern Tiefe wieder Richtung Süden. Klimaforscherinnen und Klimaforscher vermuten seit einiger Zeit, dass dieses System instabil sein könnte. In der letzten Eiszeit kam es einige Male zum Erliegen, und Modellrechnungen deuten darauf hin, dass der Klimawandel es ebenfalls schwächen könnte. Im Projekt RAPID-AMOC untersuchen britische, amerikanische und deutsche Forscher seit 2004, was im Atlantik tatsächlich vor sich geht. Zwischen Florida und Marokko, auf einer Höhe von 26,5 Grad Nord, haben sie ein Beobachtungssystem eingerichtet, das an einem guten Dutzend Stellen in verschiedenen Wassertiefen physikalische Größen wie Temperatur, Salzgehalt und Dichte des Meerwassers bestimmt. „Daraus lassen sich die Strömungsgeschwindigkeit und die transportierte Wassermenge berechnen“, erläutert Eleanor Frajka-Williams, die lange im Projekt mitarbeitete.
Die Umwälzung der Ozeane ist das Thema von Eleanor Frajka-Williams. Die Forscherin von der University of Southampton untersucht, ob der Klimawandel die Umwälzung der Ozeane (inklusive des Golfstrom-Systems im Atlantik) schwächt. 2017 wurde sie als beste Nachwuchswissenschaftlerin in ihrem Bereich von der European Geosciences Union ausgezeichnet.
Ein überraschendes Ergebnis von RAPID bestand darin, dass sich die umgewälzte Wassermenge im Atlantik zwischen 2004 und 2014 deutlich verringert hat – um fast 20 Prozent. „Allerdings war unklar, ob die Messungen repräsentativ für den ganzen Atlantik sind oder nur eine lokale Anomalie abbilden“, berichtet Frajka-Williams. Um ein vollständigeres Bild zu erhalten, setzt die Ozeanographin auf Satellitenmessungen der Meereshöhe. Sie entwickelte eine Methode, um aus diesen Daten die transportierte Wassermenge im Atlantik bestimmen zu können. Sie wies nach, dass eine breite Übereinstimmung zwischen beiden Größen besteht und erweiterte so die Abschätzungen bis zum Jahr 1993. Weitere Messsysteme überwachen den Atlantik inzwischen auf Höhe des 16. Breitengrades sowie in der Labradorsee und zwischen Grönland und Schottland.
„Wir haben jetzt mehrere Hinweise darauf, dass sich tatsächlich die gesamte Zirkulation abschwächt“, sagt Eleanor Frajka-Williams. Ob es sich um einen langfristigen Trend handelt oder eine natürliche Schwankung, lässt sich aus den Daten derzeit aber noch nicht ablesen. Die RAPID-Messungen gehen daher mindestens noch bis 2020 weiter.
Eleanor Frajka-Williams untersucht derweil das andere Ende der Umwälzpumpe. Im Frühjahr 2017 war sie mit dem Forschungsschiff „James Clark Ross“ in der Antarktis unterwegs, um herauszufinden, wie dort dichtes und kaltes Bodenwasser entsteht – ein weiterer Antrieb des globalen Förderbandes.
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