Zum Wissenschaftsjahr 2018
Leben im Meereis

Leben im Meereis

Ein Porträt von David Thomas

Leben im Meereis

Ein Porträt von David Thomas, University of Bangor in Wales

Wenn Meerwasser zu Eis gefriert, geschehen merkwürdige Dinge. Zunächst bildet sich eine wabernde Masse, die an Slush-Eis erinnert. Dann wachsen pfannkuchenförmige Platten und später teils meterdicke Schollen. Vielleicht am erstaunlichsten: Die winzigen Kanäle innerhalb des Eises sind nicht etwa leer, sondern werden von diversen Lebewesen bevölkert – etwa Algen, Bakterien oder mikroskopisch kleinen Krebsen.

Doch wie beeinflusst die Biologie den Austausch von Gasen zwischen Meer und Atmosphäre? Das ist die Frage, der sich David Thomas seit langem widmet.

Der Meeresbiologe von der University of Bangor wurde bei einem Forschungsaufenthalt am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven dazu angeregt, sich mit dem Leben im Meereis zu beschäftigen. Seitdem hat er die Mikroorganismen, die Nahrungskette und die biogeochemischen Prozesse im Eis auf zahlreichen Expeditionen in Arktis und Antarktis erforscht. Thomas untersuchte zum Beispiel, wie die Lebewesen innerhalb der Poren im Meereis durch ihren Stoffwechsel und ihre Ausscheidungen die Chemie des Meereises verändern.

Der Meeresbiologe David Thomas ist Professor an der University of Bangor in Wales und leitet dort die „School of Ocean Sciences“. Nachdem er an der University of Liverpool promoviert hatte, hielt Thomas von 1989 bis 1996 verschiedene Positionen an den Universitäten Bremen und Oldenburg, am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und am Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen inne. Von 2001 bis 2003 verbrachte er mehrere Monate als „Climate and Oceanography Fellow“ am Hanse Wissenschaftskolleg in Delmenhorst, eine entscheidende Zeit für seine Berufslaufbahn.

Ein wichtiger Teil seiner Forschung findet alle paar Jahre in Hamburg statt. Zusammen mit einem internationalen Team hat er bereits einige Male mehrwöchige Experimente an der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt durchgeführt. „Eine großartige Einrichtung“, so der britische Forscher. In einer Halle, die auf minus 15 Grad gekühlt werden kann, befinden sich dort 30 Meter lange und sechs Meter breite, mit Nordseewasser gefüllte Becken. Darin lässt das Team Eis wachsen, das natürlichem Meereis so weit wie möglich gleicht – sogar Bakterien leben darin. Mit ausgeklügelten Sensorsystemen erfassen sie den Austausch von Gasen, während das Eis immer dicker wird.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus Thomas Forschung: Meereis liegt nicht wie ein Deckel auf dem Meer. Es unterbindet den Fluss von Stoffen, etwa dem Treibhausgas Kohlendioxid, zwischen Atmosphäre und Ozean nicht vollständig. „Es gibt einen Austausch in beide Richtungen“, so der Forscher.

Mittlerweile hat David Thomas allerdings nur noch wenig Zeit, selbst an seinem Lieblingsthema zu forschen, da er neben seinem Job als Institutsleiter in Bangor noch Direktor eines walisisches Forschungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung ist und den Programmbeirat eines Forschungsprojekts zur Veränderung des Arktischen Ozeans leitet, zu dem eine britisch-deutsche Kollaboration gehört. Doch erst seine Erfahrungen in Deutschland haben ihn dahin gebracht, wo er heute ist, glaubt er. „Ich kann es jedem nur empfehlen, seinen Horizont zu erweitern und internationale Kollaborationen einzugehen“, sagt Thomas. Durch die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Blickwinkel, die Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Nationen mitbringen, werde die Wissenschaft ungemein bereichert.

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