Zum Wissenschaftsjahr 2018
Die Kalkschalen der Foraminiferen entstehen anders als gedacht

Die Kalkschalen der Foraminiferen entstehen anders als gedacht

Winzige Organismen geben Auskunft über das Klima der Vergangenheit

Anders als gedacht - Entdeckung beeinflusst zukünftige Klimaforschung

Foraminiferen bilden ihren Panzer aus Kalzit. Das galt bisher als gesichert. Die Kalkschalen der winzigen Einzeller entstehen aber ganz anders. Die weit verbreitete Planktonart baut die Schale zunächst aus Vaterit. Dabei handelt es um eine nicht stabile Form von Calciumcarbonat (Kalk). Erst später wird daraus dann Kalzit. Diese Entdeckung eines Forschungsteams aus Australien und dem Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) wird nicht ohne Folgen für die Klimaforschung bleiben. Die Kalkschalen der Foraminiferen gelten als Archive der Umweltbedingungen vergangener Jahrtausende.

Kalkschalen überdauern als Sediment im Ozeanboden. Fossile Funde belegen, dass es Foraminiferen-Gattungen schon seit dem Kambrium gibt. Also seit circa 544 Millionen Jahren. „Um aus der chemischen Zusammensetzung des Kalks möglichst korrekt auf die Temperaturen der Vorzeit zu schließen, ist es unabdingbar, den Bildungsprozess zu verstehen“, sagt Professorin Dorrit Jacob von der Macquarie University in Australien. Wie hat sich dieser Zwischenschritt in der Entwicklung des Planktons auf die Umweltbedingungen am Fundort der Fossilien zu deren Lebenszeit ausgewirkt? Das wird weiter zu untersuchen sein. Denn die Kalziumkarbonathüllen dienen Geologinnen und Geologen schon lange als paläontologisches Geschichtsbuch. Anhand von Bodenproben untersuchen sie die Ozeanoberflächenbedingungen und ziehen Rückschlüsse auf Klimaveränderungen und den Kohlenstoffkreislauf der Vergangenheit.

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Gleichzeitig hoffen die Forschenden, damit die heutigen Lebensbedingungen der Foraminiferen weiter zu beleuchten. „Unsere Studie klärt hoffentlich auch die lange strittige Frage, wieso sich unsere Beobachtungen aus der Natur von Laborexperimenten mit den Kalkschalen unterscheiden“, merkt die Hauptautorin Jacob an. Auch darüber hinaus gibt es Klärungsbedarf. Bisher galten die Einzeller als widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel, vor allem wegen ihrer Hitzetoleranz. Der Vaterit-Anteil in den Kalkschalen macht diese Lebewesen jedoch viel anfälliger für Ozeanversauerung als bislang angenommen, wie es die Studie formuliert. Die Untersuchungen der Schalen wurden am GFZ im Labor von Richard Wirth unternommen. Er analysierte hauchdünne Kalkscheiben mit einem Transmissionselektronenmikroskop.

Die Ergebnisse sind jüngst im Fachmagazin ‚Nature Communications’ erschienen. Wie schnell sich wissenschaftliche Erkenntnisse heutzutage verbreiten, zeigt ein Blick in die digitale Enzyklopädie Wikipedia. Der Eintrag „Foraminiferen“ vermerkt unter „Bauplan“ den aktuellen Forschungsstand: „Der bei weitem größten Gruppe dient sekretorisch ausgeschiedenes Calciumcarbonat (Kalk) als Baustoff, zumeist in Form des nicht stabilen Vaterit. Später wird daraus Kalzit (Calcit), sehr selten Aragonit.“

09.11.2017

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