Zum Wissenschaftsjahr 2018

Veranstaltungsarchiv

  Fr, 8.7.2016 - Sa, 9.7.2016

Schiffbruch in der Vormoderne

Zur Geschichte eines in Sprache, Schrift und Objekten konservierten Risikos

Auf einen Blick

Wo:

Hans-Scharoun-Platz 1
27568 Bremerhaven

Wann:

Fr, 8.7.2016 - 14 Uhr bis Sa, 9.7.2016 - 14 Uhr
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Kontakt:

Deutsches Schiffahrtsmuseum

Herr Dr. Tobias Wulf

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Zusatzinfos:

Behindertengerecht:

Ja

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Die mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte ist gewissermaßen voller Schiffsuntergänge: Ende November 1120 ging der englische Thronfolger William mitsamt dem ‚Weißen Schiff‘ und 300 Mann an Bord auf der Rückreise von einem Feldzug in der Normandie im Ärmelkanal unter; Richard Löwenherz erlitt auf der Rückreise aus dem Heiligen Land Ende 1192 Schiffbruch (und die sich anschließende Gefangenschaft im Reich); der nordische Unionskönig Christoph von Bayern überlebte einen Schiffsuntergang im Jahr 1446 auf der Rückfahrt von Verhandlungen mit seinem Gegner und Onkel Erich von Pommern auf Gotland. Diese royalen Beispiele von Schiffbruch hatten eine besondere Überlieferungs-Chance, aber Schiffsstrandungen und -untergänge waren in der Vormoderne alles andere als Einzelfälle, sondern das verbreiteste Verkehrsunglück überhaupt. Die Lübecker Chroniken wie die in den Hanserezessen gebundenen Beschlüsse und Korrespondenzen etwa sind voll untergegangener Handels- und Kriegsschiffe, voll ertrunkener Seeleute und Ratsherren. Schon wegen der großen Zahl an Fundstellen stellt die Untersuchung von vormodernen Schiff-Wracks – sei es unter Wasser und/oder nach Hebung – einen bedeutenden Gegenstand der Archäologie dar. In den letzten Jahrzehnten hat etwa die Auffindung und Hebung der Bremer Kogge im Weserschlamm oder diejenige der 1533 vor Namibia gesunkenen ‚Bom Jesus‘ einiges Aufsehen erregt und neue Forschungen angeregt.

In Anlehnung an jüngere Forschungen etwa zu Gewalt- und Kriegserfahrungen der Frühen Neuzeit, aber auch zur Wahrnehmungsgeschichte des Meeres, soll im Bezug auf das Phänomen ‚Schiffbruch‘ ein pragmatischer, dreistufiger Erfahrungsbegriff Anwendung finden: Erfahrung soll verstanden werden als Wahrnehmung, Deutung und materielle wie mentale Bewältigung von Schiffbrüchen von Mittelalter. Diese drei Momente von Erfahrung stehen dabei nicht getrennt nebeneinander, sondern überlappen sich, sind andererseits aber auch nicht aus allen Quellentypen gleichermaßen zu entnehmen. Umso mehr ist es von entscheidender Bedeutung, am Anfang eines größeren Forschungsvorhabens über Schiffbruch in der Vormoderne in einem gattungstypologischen Vergleich die für das Thema zur Verfügung stehenden Quellen auf die jeweiligen analytischen Potentiale zu prüfen.