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Stalaktit aus Blue Hole erlaubt Rückschlüsse auf Steinzeit-Klima

Stalaktit aus Blue Hole erlaubt Rückschlüsse auf Steinzeit-Klima

Auf den Spuren von Jacques Cousteau

Mit Jacques Cousteau auf den Spuren des prähistorischen Klimawandels

Jacques Cousteau mit roter Wollmütze blickt auf die azurblaue See. Ein bekanntes Bild. Aber wie steht es um seine Verdienste als Meeresforscher? 1970 barg Cousteau mit einem Team einen Stalaktiten aus dem Blue Hole im Karibischen Meer. Was dieser Tropfstein über das Klima seit der letzten Eiszeit verrät, hat der Frankfurter Geowissenschaftler Professor Eberhard Gischler zusammen einem Forscherteam unter internationaler Beteiligung erforscht. Spuren von Lebewesen konnten die Taucherinnen und Taucher von Cousteau nicht in dem sagenumwobenen blauen Loch finden. Dafür entdeckten sie Stalaktiten, die auch aus Karsthöhlen in unseren Breiten bekannt sind. Die Tropfsteine entstehen durch die Lösung von Kalkgestein. Ursprünglich war der Cousteau-Stalaktit 2,84 Meter lang und brachte gut eine Tonne Gewicht auf die Waage. Über Umwege kam ein Überrest des Riesen vor zwei Jahren in die Hände des Geowissenschaftlers Gischler. Sein Doktorvater Ginsburg von der University of Miami hatte den Stalaktiten direkt nach dem Fund von Cousteau erhalten. Der Forscher ließ die Probe aufsägen. Es blieb aber bei vorläufigen Untersuchungen.

Bei der jetzt untersuchten Scheibe handelt es sich um das letzte Stück des Cousteau-Stalaktiten. Der Großteil ging bei einem Umzug des Ginsburg-Labors verloren. Bevor das Exemplar in Vergessenheit zu geraten drohte, konnte Gischler zusammen mit Physikerinnen und Physikern der Goethe-Universität, Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Mainz, Hamburg und El Paso (USA) sowie dem GEOMAR in Kiel sein Geheimnis lüften.

Die äußeren Schichten des Blue-Hole-Stalaktiten bestehen aus marinen Ablagerungen. Seine konzentrischen Lagen erlauben eine detaillierte Klima-Rekonstruktion für das späte Pleistozän und das Holozän, also die Zeit von vor circa 20.000 Jahren bis heute. So hat sich der Kern der Scheibe unter Süßwasser-Einfluss gebildet. Das weist auf überraschend trockene Bedingungen während der letzten Eiszeit hin. Die marinen Lagen bildeten sich erst, als die Karsthöhle und der Stalaktit nach der Eiszeit vom ansteigenden Meeresspiegel überflutet wurden. Das geschah vor 11.000 Jahren.

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„Erschwert wird die detaillierte Klima-Rekonstruktion allerdings durch den Umstand, dass sowohl die am Festland als auch die im Meerwasser gebildeten Stalaktit-Lagen unter dem Einfluss mikrobieller Aktivität entstanden sind“, erklärt Gischler. Dessen Studie, jüngst in der Fachzeitschrift „Journal of Sedimentary Research“ erschienen, entschlüsselt nun die Arten mikrobieller Aktivität, die die Kalkabscheidung beeinflusst haben. Auf dieser Grundlage lassen sich in Zukunft die Steinzeit-Umweltbedingungen besser rekonstruieren.

Derzeit untersucht Gischler bis zu neun Meter lange Sediment-Bohrkerne aus dem Blue Hole, die im August 2017 entnommen wurden. Das schlammige Boden-Sediment weist eine feine Jahresschichtung auf und soll als hochauflösendes Klima- und Sturmarchiv genutzt werden. Das Frankfurter Institut für Geowissenschaft forscht aber nicht nur weiter auf den Spuren Cousteaus. Der Überrest des Blue-Hole- Stalaktit hängt jetzt auch an einer Institutswand.

21.12.2017

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