Zum Wissenschaftsjahr 2018
Emissionen aus der Schifffahrt: Gefahr für Klima und Gesundheit

Emissionen aus der Schifffahrt: Gefahr für Klima und Gesundheit

Ein Expertenbeitrag von Sönke Diesener

Emissionen aus der Schifffahrt: Gefahr für Klima und Gesundheit

Ein Expertenbeitrag von Sönke Diesener, Naturschutzbund Deutschland e.V.

Seeschiffe gehören zu den Hauptverursachern für viele Luftschadstoffe. Sie gefährden Klima und Gesundheit und der verwendete Treibstoff schippert als tickende Zeitbombe für die Meeresumwelt durch sensibelste Ökosysteme.

Transporte mit Schiffen gelten als klimafreundlich, weil sie wenig Kohlendioxid (CO2) pro Tonnenkilometer verursachen. Das ist jedoch nur eine Seite der Medaille, denn die weltweite Schifffahrt stößt enorme Mengen an Luftschadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxide und Ruß aus. Allein in Europa sterben nach Zahlen der EU-Kommission jährlich etwa 50.000 Menschen vorzeitig auf Grund von Luftverschmutzung durch Schiffe. Die Ursache dafür ist, dass Seeschiffe mit minderwertigen Treibstoffen – meist giftigem Schweröl – betrieben werden und zudem ihre Abgase nicht filtern. 

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Derzeit darf der Schwefelgehalt im Schiffstreibstoff maximal 3,5 Prozent betragen. Selbst Schiffsdiesel, der in Emissionskontrollgebieten wie Nord- und Ostsee vorgeschrieben ist, ist immer noch 100mal schmutziger als Straßendiesel. Wirksame Abgastechnik – an Land längst Standard – ist bei Schiffen die absolute Ausnahme. Daher ist es umso besorgniserregender, dass der Schiffsverkehr gerade in der sensiblen Arktis stark zunimmt.

Sönke Diesener (*1985) ist Geograph und arbeitet seit 2014 für den Naturschutzbund Deutschland e.V. Er ist Referent für Verkehrspolitik mit dem Schwerpunkt Schifffahrt und Häfen. Als Referent für Umweltpolitik beim NABU Landesverband Hamburg beschäftigt er sich neben der Verkehrspolitik und der Luftreinhaltung mit Fragen rund um ökologische Hafen- und Stadtentwicklung.

Der Klimawandel macht es möglich: Die Route von Shanghai nach Hamburg würde über die Nordostpassage um etwa ein Drittel kürzer werden. Viele Reedereien schielen heute auf diese Verbindung um die Transportkosten weiter zu senken. Die Kosten für die Umwelt allerdings wären enorm. Zum einen weil der Ruß aus den Abgasen sich auf den Eis- und Schneeflächen absetzt und somit stark zu deren weiteren Abschmelzen beiträgt. Ruß (Black Carbon) ist zweitstärkster Klimatreiber nach CO2. Zum anderen weil die Schiffe meist mit Schweröl betrieben werden. Ein Schiffsunfall mit diesem Treibstoff hätte fatale Folgen für das sensible Ökosystem der Arktis. In der Region existiert kaum Infrastruktur um auf einen solchen Unfall zu reagieren und die Ölpest einzudämmen oder gar effektiv zu bekämpfen.

Die gesetzlichen Vorschriften auf See hinken denen an Land weit hinterher. Dabei sind sauberere Kraftstoffe und wirksame Abgastechnik verfügbar. Die Kosten für transportierte Produkte würden mit Filterung der Abgase und Verzicht auf Schweröl kaum steigen. Zudem ließen sich die verheerenden Folgen, die austretendes Schweröl in der Umwelt verursacht, abwenden.

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Seetransport ist billig und damit einer der Gründe dafür, dass viele Waren weit entfernt von ihren Absatzmärkten transportiert werden können. Die Emissionen der Schifffahrt sind durch den wachsenden Welthandel immens gestiegen. Schiffe transportieren über 90 Prozent der global gehandelten Güter, ohne dass dies vielen Menschen bekannt wäre. Daher stört sich die breite Öffentlichkeit anscheinend viel weniger an den Emissionen auf See als an Land. Dabei könnten die Schiffe alleine in den Gewässern der EU die Gesamtmenge der an Land ausgestoßenen Luftschadstoffe bereits im Jahr 2020 übertreffen und somit die Fortschritte, die an Land erzielt worden sind, zunichtemachen.

Im Jahr 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation die Dieselrußemissionen als ebenso krebserregend eingestuft wie Asbest. Die Gefahr der Schiffsemissionen wird unterschätzt. Wer denkt in Berlin oder München schon an Schiffsabgase? Wer denkt beim Kauf von Elektronik oder Textilien aus Asien an Rußpartikel und Schwefeldioxid? Aus den Augen, aus dem Sinn – nachvollziehbar, aber fatal, denn die meisten Abgase entstehen nicht weit draußen auf dem Ozean, sondern in Küstennähe. Die 15 größten Containerschiffe der Welt emittieren heute mehr Schwefeloxide als 750 Millionen Pkw. In der Nordsee entweichen etwa 90 Prozent der Schiffsemissionen innerhalb von 90 Kilometern Entfernung zur Küste, und werden bis zu 500 Kilometer ins Landesinnere, also auch bis beispielsweise nach Berlin, geweht.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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