Zum Wissenschaftsjahr 2018
Arktisforschung mit Auftakt-Show

Tipp

Arktisforschung mit Auftakt-Show

Direkt von Bord – ein Expeditionsblog des Forschungsschiffs MARIA S. MERIAN

Internationale Forschergruppe am Eisrand

Der zweite Expeditionsblog der Fahrt MSM65 der MARIA S. MERIAN

St. Johns in Neufundland ist für einige Abenteurer sicherlich ein traumhaftes Reiseziel. Angeführt von Fahrtleiter Prof. Oliver Zielinski gaben sich hier, am östlichsten Punkt Kanadas, 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einem Samstag im Juni ein kurzes Stelldichein. Am 24. Juni bezogen die Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Kanada, den USA und Chile in der Hafenstadt nämlich ihre Kojen an Bord der Maria S. Merian, einem deutschen Forschungsschiff, das am Eisrand operieren kann. Eine Fähigkeit, die in den nächsten 25 Tagen noch wichtig werden sollte. Das Ziel der Reise lag nämlich weit im Norden, unter anderem in den Fjorden West-Grönlands. Das Team wollte erkunden, ob es eine nördliche Grenze für giftige Algen, sogenannte HAB (Harmful algal blooms), gibt. Was auf den ersten Blick sehr theoretisch und trocken klingen mag, hat tatsächlich aber sichtbare Auswirkungen auf den Menschen, nicht nur im karg besiedelten Grönland. Algen sind die Grundlage der Nahrungskette. Über Muscheln geraten die Giftstoffe auch auf unsere Teller. Das kann zu drastischen Ernteausfällen bei den Fischern vor Ort führen, die zu den Hauptversorgern des Landes zählen. Es kann aber auch, wie in der Vergangenheit bereits geschehen, zu gefährlichen Vergiftungen führen, die weltweit immerhin etwa 2.000 Mal jährlich mit dem Tod enden.

Klimawandel fördert das Gift

Außerdem ist das Vorkommen giftiger Algen ein wichtiger Indikator für den Klimawandel, da fortschreitende Gletscherschmelze den Salzgehalt der Arktis verringert und so die Algenblüte befeuert. So hatten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hohe Erwartungen an die Reise – sowohl wissenschaftlich als auch hinsichtlich der grandiosen Küstenlandschaft Grönlands. Wir sollten nicht enttäuscht werden. Wenn man durch die teilweise gigantischen Eisberge fährt, wird einem noch einmal richtig bewusst, auf welchen fragilen Pfeilern unsere Welt aufgebaut ist und dass es sich auch mit dieser Forschungsreise lohnt, einen Teil zum Schutz unseres blauen Planeten beizutragen.

Bevor es mit den geplanten Untersuchungen aber überhaupt losgehen konnte, gab es schon beim ersten Einsatz auf See ein Highlight außer der Reihe. Verantwortlich dafür war Greg Siddall. Der kanadische Ingenieur ist Teil eines Entwicklerteams der Dalhousie-Universität. Seine Mission an Bord: das Aufspüren und Bergen eines Sea-Cyclers. Dabei handelt es sich um ein spezielles Messgerät, das in den internationalen Gewässern zwischen Nordamerika und Grönland Daten gesammelt hat. Das Besondere: der Sea-Cycler war auf dem Meeresgrund in über drei Kilometern Tiefe verankert und fuhr seine Teststrecke (täglich 150 Meter) quasi wie ein Aufzug in der Tiefsee auf und ab. So konnte er wichtige Umweltdaten sammeln und diese an der Wasseroberfläche – praktisch in Echtzeit – weitergeben. Auf Grund eines Schadens konnte das Gerät nun aber nicht mehr sauber arbeiten und musste geborgen werden. Eine Aktion, die sich zu einem regelrechten Krimi entwickelte, da das Gerät zunächst nicht auf Siddals akustische Signale reagierte. Als die Apparatur dann zwei Seemeilen von der ursprünglich erwarteten Lokation auftauchte, konnte sie von Bord der Maria S. Merian nur entdeckt werden, weil der GPS-Sensor gut funktionierte. Glück im Unglück also.

Kein Team ohne Crew

Die anschließende Bergung machte dann auch den Expeditionsneulingen unter den Wissenschaftlern deutlich, dass das Team auf See nicht nur aus Forschern besteht. So war es der Erfahrung der Crew zu verdanken, dass die Bergung reibungslos verlief. Immerhin hat das Forschungsteam kräftig mit angepackt und bis tief in die Nacht geholfen, die über drei Kilometer Seekabel aufzurollen. Die Belohnung gab es noch am selben Abend, als eine ganze Schule Pilotwale die Merian eine Weile begleitete. Spätestens jetzt waren alle auf der Reise angekommen und es konnte losgehen Richtung Norden – zur Erforschung der giftigen Algenblüte.