Zum Wissenschaftsjahr 2018
Den Algen auf der Spur

Tipp

Den Algen auf der Spur

Direkt von Bord – ein Expeditionsblog des Forschungsschiffs MARIA S. MERIAN

Auf der Suche nach giftigen Algen

Der dritte Expeditionsblog der Fahrt MSM65 der MARIA S. MERIAN

Unser täglich Brot

Die Bergung des Sea-Cyclers war aufregend, hatte allerdings nicht viel mit dem zu tun, was wir eigentlich entdecken wollten. Gibt es eine nördliche Grenze für giftige Algen? Werden diese künftig durch die Klimaerwärmung zu einem größeren Problem? Diese Fragen seien so komplex, dass ein Fachgebiet allein nicht ausreiche, sie zu beantworten, sagte der Fahrtleiter Oliver Zielinski zu Beginn der Fahrt. Daher setzt sich das Expeditionsteam aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Bereiche Physik, Chemie und Biologie zusammen, die jeweils ihren Teil dazu beitragen, einen umfassenderen Blick auf die giftigen Algen der Arktis zu gewinnen. Um die Zeit an Bord möglichst effektiv zu nutzen, gab es an den meisten Tagen daher zwei bis drei Stationen, an denen alle nach einem recht zügig eingespielten Ablauf ihre Aufgaben an Bord erledigen konnten. Das heißt, dass das Schiff auf einer bestimmten Position verharrt und das Team und Mannschaft bis zu acht Geräte aussetzen. Etwa den Vibrationskernbohrer, der bis zu neun Meter lange Sedimentproben vom Meeresgrund aufnehmen kann. Hierüber freuten sich vor allem die Kollegen aus den USA, die mit dieser Methode je nach Ablagerungsbedingungen viele tausend Jahre, manchmal auch nur einige Dekaden in die Vergangenheit blicken können. Physikalische Messungen wurden bei jeder Station mit einem gitarrenförmigen Messgerät durchgeführt, dass wir händisch je drei Mal in das Bugwasser hinabließen und so feststellen konnten, bis zu welcher Meerestiefe überhaupt genügend Sonnenlicht eindringt, um Algenwachstum zu ermöglichen.

Innere Uhr bleibt stehen

Diese Messungen konnten wir zu unterschiedlichen Tageszeiten durchführen, da die Sonne in dieser Region im Sommer nicht untergeht. Ein wunderschönes Naturphänomen, das einen nach einigen Wochen aber völlig aus dem Bio-Rhythmus bringen kann. Unsere Tage waren nicht mehr nach Tageszeiten strukturiert, sondern nach Mahlzeiten und Experimentier-Stationen.

Größter Kranzwasserschöpfer Deutschlands

Im Zentrum der Messungen stand immer ein Kranzwasserschöpfer, der dank mehrerer daran befestigter Kunststoffflaschen in der Lage ist, Meerwasserproben aus unterschiedlichen Tiefen an Bord zu bringen. Das ist wichtig, da die verschiedenen Experimentatorinnen und Experimentatoren ihren jeweiligen Fokus anders setzen und so alle Fachrichtungen an Bord von den Proben profitieren konnten. Weil auf unserer Fahrt der größte, in Deutschland verfügbare Wasserschöpfer eingesetzt wurde, kamen immer genug Proben für alle Gruppen zusammen.

Diese Experimente dienen der Grundlagen-Forschung. Ihre Relevanz hat allerdings auch einen praktischen Nutzen: Die gewonnen Proben sollen künftig genutzt werden, um die Gesundheit von Menschen zu schützen und möglicherweise auch der so wichtigen grönländischen Fischerei-Branche interessante Anhaltspunkte zu geben, wie sie auf giftige Algenblüten reagieren kann.

Wissenschaft arbeitet nicht nur theoretisch

Für viele Neulinge an Bord wurde spätestens auf den Stationen deutlich, dass Wissenschaft auch harte Arbeit bedeutet. Zum Beispiel dann, wenn eine plötzlich auftretende Nebelbank oder Schneeregen nicht als Entschuldigung herhalten können, einzelne Aufgaben zu verschieben. Hier waren unsere Laborantinnen und Laboranten im Vorteil, die sich in den angenehm beheizten Schiffslaboren aufhalten konnten. Nicht unerwähnt bleiben soll aber die Kehrseite der Medaille: Sobald die Stationen beendet sind, geht die Arbeit im Labor erst richtig los. Da uns die Wetterbedingungen und mehr und mehr auch die wachsende Zahl der Meereisfelder und Eisberge zu vorsichtigem Manövrieren zwangen, war es nicht immer möglich, die eine oder andere Station entsprechend dem Schiffsfahrplan pünktlich zu erreichen – was die Kolleginnen und Kollegen im Labor von Zeit zu Zeit zwang, bis weit in die Nacht hinein zu arbeiten.

Glücklicherweise gab es für alle auch Momente ohne Nebel, Regen und Schnee. Die Tage, an denen man zwischen den Stationen auch mal einen Moment innehalten konnte, um eine der weltweit wohl ungewöhnlichsten Arbeitsumgebungen auf sich wirken zu lassen. Klar, die Forschung steht immer im Vordergrund. Aber wenn man einmal zehn Minuten lang dem Knacken und Ächzen der Eisberge lauscht, forscht es sich anschließend doch noch etwas besser.