Zum Wissenschaftsjahr 2018
Dem Verhalten der Aale auf der Spur

Tipp

Dem Verhalten der Aale auf der Spur

Direkt von Bord – ein Expeditionsblogbeitrag des Forschungsschiffs Walther Herwig III

Dem Verhalten der Aale auf der Spur

Der zweite Expeditionsblog-Beitrag der 404. Fahrt der Walther Herwig III

Von der Forschungsreise berichtet das wissenschaftliche Team

03. März 2017 Aale im Gepäck

Die Reise beginnt: Am Nachmittag des 03. März verlässt die Walther Herwig III pünktlich zum Hochwasser Bremerhaven und macht sich auf, um den Atlantik zu überqueren. Gut zwei Wochen wird das Schiff nun ohne Pause unterwegs sein, bis es am 17. März den Hafen von St. Georges in Bermuda erreicht. Während das Gros der wissenschaftlichen Besatzung erst dort an Bord geht, um das Arbeitsgebiet in der Sargassosee zu erreichen, befindet sich ein Forscherduo des Thünen-Instituts für Fischereiökologie bereits auf dem Schiff – und es transportiert wertvolle Fracht.

Die Biologen Lasse Marohn und Klaus Wysujack haben in Bremerhaven lebende Aale an Bord gebracht, die mit Sendern bestückt und entlang der vermuteten Wanderroute der Aale ausgesetzt werden sollen. Der Clou: Die Tiere wurden bereits seit Wochen hormonell behandelt und beinahe bis zur Laichreife gebracht – damit entsprechen sie bestmöglich dem Vorbild eines natürlich gewanderten Aals. Die Ergebnisse dieser Studie könnten wertvolle Hinweise zu dem bis heute rätselhaften Wander- und Laichverhalten der Aale liefern. Bei der Expedition geht es darum, in der Sargassosee mit einem speziellen Planktonnetz möglichst junge Larvenstadien zu erfassen. Mit parallel erhobenen hydrografischen und biologischen Daten soll so ein genaueres Bild über die Verhältnisse entstehen, die für die Reproduktion und das Überleben der Larven notwendig sind.

04. bis 07. März 2017: Durch den Ärmelkanal

Jetzt wird’s eng. Begleitet von Basstölpeln, Möwen und zahlreichen Schiffen durchfahren wir zügig und bei besten Bedingungen die Straße von Dover und den Ärmelkanal Richtung Westen. Doch die schnelle Fahrt reicht nicht aus: Wie ein Korken auf der Flasche hat sich ein Sturmtief auf das westliche Ende des Ärmelkanals gesetzt. Daran gibt es kein Vorbeikommen. So bleibt uns nur, den Bug in den Wind zu stellen und den Orkan mit seinen stattlichen Wellen abzuwettern. Das kostet uns wertvolle Zeit, und auf dem Atlantik ziehen bereits wie auf einer Perlenschnur die nächsten Sturmtiefs heran. Um dem Wetter auszuweichen, entscheidet sich Kapitän Janßen für eine südliche Route über die Azoren.

Den mitreisenden Aalen kann das Wetter nichts anhaben. Die Hälterungsbecken sind mittschiffs auf dem Hauptdeck aufgestellt, sodass die Tiere von der Schaukelei nicht allzu viel mitbekommen. Aktuell planen wir, eine erste Gruppe von markierten Aalen auszusetzen, sobald wir die Azoren passiert haben. Die Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren.

11. März 2017: Erste Aale ausgebracht

Nachdem die Walther Herwig III gestern die Azoren passiert und damit etwa die Hälfte der Strecke nach Bermuda hinter sich gebracht hat, wurden heute die ersten Aale mit Satelliten-Transmittern versehen und ins Meer entlassen. Für die nächsten drei Monate werden die angebrachten Sender neben der Schwimmtiefe auch die Umgebungstemperatur der Aale aufzeichnen. Nach Ablauf dieser Zeit lösen sich die Transmitter von den Tieren, treiben zur Wasseroberfläche auf und übermitteln die gespeicherten Daten via Satellit zu uns ins Labor. Anhand dieser Daten können wir anschließend das Wanderverhalten und die von den Aalen präferierten Umweltbedingungen rekonstruieren und damit Einblicke in das Verhalten der Tiere während der Laichwanderung gewinnen.

Die Aale für diese Untersuchung wurden im vergangenen Herbst zu Beginn ihrer Laichwanderung auf ihrem Weg flussabwärts Richtung Meer gefangen. Anschließend wurden die Fische am Thünen-Institut für Fischereiökologie an Salzwasser gewöhnt und hormonell behandelt, um die Geschlechtsreifung zu beschleunigen, die unter natürlichen Bedingungen erst durch wochenlanges Dauerschwimmen im Meer erfolgen würde. Die hormonelle Simulation dieses Reifungsprozesses erlaubt es, die Aale küstenfern, in der Nähre ihres Laichgebietes zu entlassen – dort, wo vergleichsweise wenige Räuber der Reise ein rasches Ende setzen. Unsere Hoffnung ist nun, dass die Fische ihre Reise fortsetzen und mehr über ihr Verhalten in offener See preisgeben. In drei Monaten wissen wir mehr.

19. März 2017: Zwischenstation Bermuda

Das wissenschaftliche Team ist jetzt komplett. Noch einmal Kraftstoff bunkern, dann verlässt die Walther Herwig III den Hafen von Bermuda und dampft Richtung Sargassosee. Wer einen empfindlichen Magen hat, ist jetzt gut beraten, seine Reisemedizin zu nehmen. Denn der Weg zur ersten Probennahmestation auf 64 Grad westliche Länge und 23 Grad nördliche Breite soll wieder etwas ruppiger werden. Verläuft alles nach Plan, gehen am Dienstagabend die ersten Geräte zu Wasser.