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Im Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Kruse

Porträt von Prof. Dr. Andreas Kruse
Quelle: Generali Deutschland

Der Abbau sozialer Ungleichheit ist auch mit Blick auf das Altern und Alter sehr wichtig.

Prof. Dr. Andreas Kruse

Welche bisherigen Forschungsergebnisse im Bereich der Altersforschung sind für die heutigen Senioren besonders relevant?

Jene Ergebnisse, die von einer eindrucksvollen geistigen, körperlichen und seelischen Plastizität - also Lernfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Veränderbarkeit - bis in das hohe Alter zeugen. Weiterhin sind Ergebnisse wichtig, die auf das hohe Präventions- und Rehabilitationspotential mit Blick auf Krankheiten und Beeinträchtigungen im Alter hinweisen. Mit anderen Worten: Die gesellschaftlichen, kulturellen und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten des Alters sind beträchtlich. Und schließlich müssen Ergebnisse vermehrt Beachtung finden, die deutlich machen, wie stark der Alternsprozess - auch die Gesundheit im Alter - vom Bildungsstand und den finanziellen Ressourcen des Menschen beeinflusst ist. Der Abbau sozialer Ungleichheit ist auch mit Blick auf das Altern und Alter sehr wichtig.

Welche Forschungsschwerpunkte müssen aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren gesetzt werden, um einer "Gesellschaft des längeren Lebens" gerecht zu werden?

Die Plastizitätsforschung ist weiter auszubauen, sodass wir noch bessere Bildungs-, aber auch Rehabilitationsangebote unterbreiten können, durch die zur Erhaltung und Wiedererlangung von Kompetenz beigetragen wird. Ein weiteres - unmittelbar damit zusammenhängendes und wichtiges - Gebiet bildet die Forschung zur assistierenden und kompetenzförderlichen Technik. Die assistierende Technik findet mittlerweile große Aufmerksamkeit in unserem Land (denken Sie nur an die Technik in der Medizin und Pflege). Nun sollte auch aufgezeigt werden, wie sehr der Umgang mit Technik - zum Beispiel mit PC und Internet - kognitiv stimulierende und auch die soziale Teilhabe fördernde Funktionen besitzt. Der Umgang mit Technik hat großen Einfluss auf die Förderung und Erhaltung von Plastizität. Sodann erscheint mir jedwede anspruchsvolle Forschung zu den Rahmenbedingungen für Leistungsfähigkeit, Kreativität und Produktivität im Alter als wesentlich: Diese Forschung ist sowohl für die Arbeitswelt als auch für die Zivilgesellschaft von größtem Nutzen. Hinzu tritt Forschung zur "präventiven Umweltgestaltung": wie müssen Wohnung und Wohnumfeld, wie müssen Verkehr und Dienstleistungen gestaltet sein, um ein selbstverantwortliches Leben bei sozialer und kultureller Teilhabe sicherzustellen? Möglichkeiten zu weiteren Förderung der Beziehungen und der Kooperation zwischen den Generationen - wieder im Arbeitsleben und in der Zivilgesellschaft - sollten auch vertieft untersucht werden. Mit anderen Worten: Die Potentialentfaltung und -verwirklichung im gesamten Lebenslauf, der fachlich und ethisch sensible Umgang mit der Verletzlichkeit des Menschen - dies sind Themen denen wachsende Bedeutung beizumessen ist.

Lassen sich Senioren - über ein Werkstattgespräch hinaus - nicht nur als Objekte, sondern auch als Subjekte in Forschungsprozesse integrieren?

Unbedingt! Und auch aus diesem Grunde ist die vom BMBF am Institut für Gerontologie ausgerichtete Tagung ausdrücklich zu begrüßen. Es gibt viele Lebensbereiche, in denen ältere Menschen wirkliche Experten sind - und Wissenschaftler/innen auf deren Expertenwissen angewiesen sind, denken Sie nur an die menschenfreundliche Gestaltung der Umwelt, an die kreativitäts- und innovationsförderliche Gestaltung von Lernorten in der Arbeitswelt und in der Zivilgesellschaft, an die Entwicklung von Behandlungs-, Rehabilitations- und Pflegearrangements, an die Schaffung Engagement förderlicher Strukturen in der Kommune und schließlich an die Entwicklung assistierender und kompetenzförderlicher Technik: Dies sind Beispiele für eine enge Kooperation von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mit älteren Menschen selbst. Die Tagung am Institut für Gerontologie wird dies eindrucksvoll unter Beweis stellen, weswegen wir uns sehr darüber freuen, dass wir als ein Standort ausgewählt wurden, an dem der Dialog zwischen Wissenschaft und älteren Menschen geführt wird.

Zum Institut für Gerontologie (IfG) der Universität Heidelberg