Wissenschaftsjahr 2007 - 25.04. - 01.05.2007

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25.04. - 01.05.2007

Im Blickpunkt

Posse um Stanford und Suhrkamp

Für einige Aufregung in den Feuilletons - und wohl auch in der Verlagswelt - sorgte die Meldung der FAZ, dass die Universität Stanford über eine Beteiligung am Suhrkamp-Verlag nachdenke. Der Informant war offenkundig Hans-Ulrich Gumbrecht, Komparatist in Stanford. FAZ-Literaturchef Hubert Spiegel zeigt sich sogleich begeistert: "Für die deutsche Verlagslandschaft wäre der Einstieg der amerikanischen Elite-Universität bei Suhrkamp ein Novum, für Suhrkamp wäre es endlich ein Befreiungsschlag." Noch am selben Tag hatte die SZ aber schon das Dementi. In der Druckausgabe vom Montag zitiert sie den an diesem "Coup" vermeintlich beteiligten Steve Hinton, Dekan der School of Humanities: "Er vermutet, dass es zuging wie bei der 'Stillen Post': 'Jeder, der die Nachricht weitergibt, verschönert sie ein bisschen, bis sie am Ende fast nichts mehr mit der Realität zu tun hat.'" In Wahrheit, so die SZ, geht es nur um keineswegs ausgereifte Pläne zur Veröffentlichung einer Reihe mit Stanford-Publikationen bei Suhrkamp. Auch das aber hält Uwe Wittstock in der Welt für keine besonders gute Idee: "Ein Verlag, der seinen Lesern die wichtigsten neuen und zukunftsträchtigen Forschungsergebnisse anbieten will, kann sich nicht nur auf Veröffentlichungen einer einzelnen Forschungsinstitution konzentrieren. Er muss die ganze Wissenschaftslandschaft unbeeinflusst von den nicht selten sehr eitlen Publikationswünschen einzelner Professoren und Hochschulen prüfen können." Nüchtern vermeldet auch die NZZ, dass die Spekulation um den Einstieg keinen wahren Kern enthält.

Die FAZ freilich beharrt, weiter gestützt auf ihren Gewährsmann, den in Stanford lehrenden Komparatisten - und FAZ-Autor - Hans-Ulrich Gumbrecht, darauf, dass es sehr wohl Überlegungen der gemeldeten Art gebe. Gumbrecht selbst sieht sich von der SZ falsch zitiert und insistiert: "Natürlich drehten sich die Gedankenspiele um eine finanzielle Beteiligung, über die übrigens auch gar nicht Hinton und die School for Humanities and Sciences entscheiden würden."

Welt, 30.4.2007

Zum Tod des Physikers und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker

Im Alter von 94 Jahren ist Carl Friedrich von Weizsäcker gestorben, der als Physiker unter den Nationalsozialisten wichtige Beiträge zur Entwicklung der Atombombe leistete - und später zum Philosophen wurde. Die Nachrufe würdigen von Weizsäcker als Denker, der die sonst so streng getrennten Welten und Kulturen der Natur- und der Geisteswissenschaft in einer Person und einem Werk zusammenbrachte.

In der FR beschreibt Arno Widmann seinen Werdegang: "Von Weizsäcker gab die Wissenschaft auf. Er wurde Philosoph. Er studierte die frühe griechische Philosophie, in der Welt- und Menschenkunde noch eins waren. Er suchte nach den Anfängen des abendländischen Irrweges wie so viele es damals taten. Aber er tat es nicht in dem Glauben an ein Zurück. Er tat es, weil er sehnsüchtig nach der Einheit suchte. Nach dem Grund, aus dem er herausgefallen war. Carl Friedrich von Weizsäcker hatte das Gefühl, in den Nazijahren sich selbst verraten zu haben." Sein ehemaliger Assistent, der Physiker Thomas Görnitz, fasst die Leistung des "Jahrhundertmanns" von Weizsäcker in der FAZ so zusammen: "Ein Philosoph unter Physikern, ein Physiker unter Philosophen - Carl Friedrich von Weizsäcker war die Wissenschaft ebenso vertraut wie die Politik, die Kunst, die Metaphysik, die christliche Heilslehre und die fernöstlichen Lebensweisheiten."

In der NZZ weist Michael Hampe auf eine bedeutende Gründung des Wissenschaftspolitikers von Weizsäcker hin: "Dass die Folgelasten der modernen Wissenschaft enorm sind, es jedoch unmöglich ist, der Forschung aus Furcht vor gefährlichen Konsequenzen präventiv Erkenntnisgrenzen zu setzen, war Weizsäcker wie wenigen anderen bewusst. Die Frage, wie mit dem Problem umzugehen sei, dass Erkenntnisfortschritt nicht notwendigerweise von moralischer Reife und politischer Klugheit begleitet wird, bewog Weizsäcker zur Gründung des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg, das er zusammen mit Jürgen Habermas von 1970 bis 1980 leitete."

Klaus Podak hält es in der SZ nach einer ausführlichen Darstellung des Lebenslaufs des Physikers und Philosophen für gerechtfertigt, "Carl Friedrich von Weizsäcker als einen der großen, aber als einen der durch Wissenschaft aufgeklärten Mystiker der europäischen Geistesgeschichte zu bezeichnen."

SZ, 30.4.2007

Themen der Woche

Posse um Stanford und Suhrkamp

Für einige Aufregung in den Feuilletons - und wohl auch in der Verlagswelt - sorgte die Meldung der FAZ, dass die Universität Stanford über eine Beteiligung am Suhrkamp-Verlag nachdenke. Der Informant war offenkundig Hans-Ulrich Gumbrecht, Komparatist in Stanford. FAZ-Literaturchef Hubert Spiegel zeigt sich sogleich begeistert: "Für die deutsche Verlagslandschaft wäre der Einstieg der amerikanischen Elite-Universität bei Suhrkamp ein Novum, für Suhrkamp wäre es endlich ein Befreiungsschlag." Noch am selben Tag hatte die SZ aber schon das Dementi. In der Druckausgabe vom Montag zitiert sie den an diesem "Coup" vermeintlich beteiligten Steve Hinton, Dekan der School of Humanities: "Er vermutet, dass es zuging wie bei der 'Stillen Post': 'Jeder, der die Nachricht weitergibt, verschönert sie ein bisschen, bis sie am Ende fast nichts mehr mit der Realität zu tun hat.'" In Wahrheit, so die SZ, geht es nur um keineswegs ausgereifte Pläne zur Veröffentlichung einer Reihe mit Stanford-Publikationen bei Suhrkamp. Auch das aber hält Uwe Wittstock in der Welt für keine besonders gute Idee: "Ein Verlag, der seinen Lesern die wichtigsten neuen und zukunftsträchtigen Forschungsergebnisse anbieten will, kann sich nicht nur auf Veröffentlichungen einer einzelnen Forschungsinstitution konzentrieren. Er muss die ganze Wissenschaftslandschaft unbeeinflusst von den nicht selten sehr eitlen Publikationswünschen einzelner Professoren und Hochschulen prüfen können." Nüchtern vermeldet auch die NZZ, dass die Spekulation um den Einstieg keinen wahren Kern enthält.

Die FAZ freilich beharrt, weiter gestützt auf ihren Gewährsmann, den in Stanford lehrenden Komparatisten - und FAZ-Autor - Hans-Ulrich Gumbrecht, darauf, dass es sehr wohl Überlegungen der gemeldeten Art gebe. Gumbrecht selbst sieht sich von der SZ falsch zitiert und insistiert: "Natürlich drehten sich die Gedankenspiele um eine finanzielle Beteiligung, über die übrigens auch gar nicht Hinton und die School for Humanities and Sciences entscheiden würden."

Welt, 30.4.2007

Zum Tod des Physikers und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker

Im Alter von 94 Jahren ist Carl Friedrich von Weizsäcker gestorben, der als Physiker unter den Nationalsozialisten wichtige Beiträge zur Entwicklung der Atombombe leistete - und später zum Philosophen wurde. Die Nachrufe würdigen von Weizsäcker als Denker, der die sonst so streng getrennten Welten und Kulturen der Natur- und der Geisteswissenschaft in einer Person und einem Werk zusammenbrachte.

In der FR beschreibt Arno Widmann seinen Werdegang: "Von Weizsäcker gab die Wissenschaft auf. Er wurde Philosoph. Er studierte die frühe griechische Philosophie, in der Welt- und Menschenkunde noch eins waren. Er suchte nach den Anfängen des abendländischen Irrweges wie so viele es damals taten. Aber er tat es nicht in dem Glauben an ein Zurück. Er tat es, weil er sehnsüchtig nach der Einheit suchte. Nach dem Grund, aus dem er herausgefallen war. Carl Friedrich von Weizsäcker hatte das Gefühl, in den Nazijahren sich selbst verraten zu haben." Sein ehemaliger Assistent, der Physiker Thomas Görnitz, fasst die Leistung des "Jahrhundertmanns" von Weizsäcker in der FAZ so zusammen: "Ein Philosoph unter Physikern, ein Physiker unter Philosophen - Carl Friedrich von Weizsäcker war die Wissenschaft ebenso vertraut wie die Politik, die Kunst, die Metaphysik, die christliche Heilslehre und die fernöstlichen Lebensweisheiten."

In der NZZ weist Michael Hampe auf eine bedeutende Gründung des Wissenschaftspolitikers von Weizsäcker hin: "Dass die Folgelasten der modernen Wissenschaft enorm sind, es jedoch unmöglich ist, der Forschung aus Furcht vor gefährlichen Konsequenzen präventiv Erkenntnisgrenzen zu setzen, war Weizsäcker wie wenigen anderen bewusst. Die Frage, wie mit dem Problem umzugehen sei, dass Erkenntnisfortschritt nicht notwendigerweise von moralischer Reife und politischer Klugheit begleitet wird, bewog Weizsäcker zur Gründung des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg, das er zusammen mit Jürgen Habermas von 1970 bis 1980 leitete."

Klaus Podak hält es in der SZ nach einer ausführlichen Darstellung des Lebenslaufs des Physikers und Philosophen für gerechtfertigt, "Carl Friedrich von Weizsäcker als einen der großen, aber als einen der durch Wissenschaft aufgeklärten Mystiker der europäischen Geistesgeschichte zu bezeichnen."

SZ, 30.4.2007

Bücher und Rezensionen

In der NZZ macht Peter Cornelius Mayer-Tasch nachdrücklich auf die nun abgeschlossene Übersetzung von "Ordnung und Geschichte", des zehnbändigen Hauptwerks des Geschichtsphilosophen und Politikwissenschaftlers Eric Voeglin aufmerksam: "So lapidar sich der Titel dieses Bandes gibt, so aussagekräftig ist er für das Œuvre des kulturwissenschaftlichen Universalgelehrten, den man - wenn auch mit anderer Akzentuierung - getrost neben Denker vom Range Oswald Spenglers und Arnold Toynbees stellen kann."

Konferenzen und Tagungen

Wikipedia in der Wissenschaft

An der Universität Basel fand eine Tagung zur Online-Enzyklopädie "Wikipedia" und der Wissenschaft statt. Es überwogen, wie Dominik Landwehr in der NZZ referiert, die warnenden Worte. So hält die Hamburger Historikerin Maren Lorenz das Lexikon für nicht zitierbar, "da eine Informationsseite schon beim nächsten Mausklick verändert sein kann. Ihre wichtigste Kritik: Es gibt bei Wikipedia keine einheitlichen Qualitätskriterien. Standards einzuhalten, ist auch aus quantitativen Gründen bei über 500 neuen Einträgen pro Tag in der deutschen Ausgabe nicht möglich."

Tagung zu Verschwörungstheorien

Im Tagesspiegel berichtet Elke Kimmel von einer interdisziplinären Tagung, auf der sich Historiker, Psychologen und Vertreter anderer Disziplinen über die Virulenz von Verschwörungstheorien austauschten: "'Im Zentrum solcher Verschwörungstheorien steht meist Satan, das Böse schlechthin. Da hat sich wenig geändert', sagt Wolfgang Wippermann, Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin. Der Erzbösewicht verbünde sich, je nach Jahrhundert und persönlichem Standpunkt, mal mit den Protestanten oder 'Ketzern', mal mit den Katholiken oder 'Papisten; wahlweise auch mit Hexen, Freimaurern, Illuminaten, Kommunisten oder Kapitalisten."

Mehmet II. als Patron der Künste

Auf der Geisteswissenschaften-Seite der FAZ informiert Christine Tauber über eine Berliner Tagung zu Sultan Mehmet II.: "Sultan Mehmet II., dem sein überwältigender militärischer Erfolg bei der Einnahme von Konstantinopel im Jahre 1453 den klangvollen Beinamen Fatih, 'der Eroberer', bescherte, war nicht nur ein erfolgreicher Politiker mit Weltherrschaftsansprüchen, er war auch ein großer Förderer der Künste und Wissenschaften und damit eine Schlüsselfigur im kulturellen Austausch zwischen Ost und West im fünfzehnten Jahrhundert."

FAZ, 25.4.2007

Symposion und Filmreihe zum Stummfilmstar Asta Nielsen

Für die FR hat Daniel Kothenschulte ein Frankfurter Symposion zum Schauspielstar des Stummfilms Asta Nielsen besucht, das eine Filmreihe eröffnete, und fasst zusammen: "Erst spät entdeckten Forscher wie die Frankfurter Filmhistorikerin Heide Schlüpmann, mit Karola Gramann jetzt eine der Initiatorinnen der Filmreihe, wie genau die Filmproduzenten des frühen Kinos auf die Bedürfnisse des weiblichen Zielpublikums eingingen. Auch in leidenden Rollen strahlt Asta Nielsen Aktivität, Würde und Selbstbewusstsein aus."


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