Regenwürmer kurbeln Stoffkreislauf in der Tundra an - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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24.04.2020

Regenwürmer kurbeln Stoffkreislauf in der Tundra an

Kurz & Knapp
  • Arktische Böden sind riesige Kohlenstoffspeicher. Doch es mangelt an Stickstoff – ein Nährstoff, den Pflanzen zum Wachsen benötigen.
  • Ein Forscherteam unter der Leitung der Universität Greifswald fand heraus, dass die Stickstoffknappheit in den Böden der Tundra auf das Fehlen größerer Bodentiere wie Regenwürmer zurückzuführen ist.
  • Den Forschenden zufolge können Regenwürmer den Nährstoffkreislauf in Ökosystemen wie der arktischen Tundra entscheidend beeinflussen, da mit ihrer Hilfe die Stickstofffreisetzung deutlich erhöht werden kann.

Bodentiere machen Stickstoff verfügbar

Arktischen Böden fehlt es an Nährstoffen, insbesondere Stickstoff. Mithilfe von Regenwürmern könnte der Stickstoffvorrat jedoch deutlich erhöht und das Pflanzenwachstum angekurbelt werden, wie ein deutsch-schwedisches Forscherteam herausfand.

Die arktische Tundra gilt als ein Gradmesser für den Klimawandel, da die Erderwärmung hier doppelt so schnell verläuft als anderswo. Davon betroffen ist vor allem die Vegetation. Die ohnehin nährstoffarmen Böden der arktischen Tundra sind zwar riesige Kohlenstoffspeicher, sind aber arm an Nährstoffen, die Pflanzen dringend zum Wachsen benötigen. Vor allem Stickstoff ist nicht in ausreichender Menge verfügbar.

Mit Blick auf den Klimawandel und deren Folgen für das arktische Ökosystem haben Forschende der Universität Greifswald gemeinsam mit Partnern aus Schweden die Ursachen des Stickstoffmangels untersucht. Bisher wurde der Nährstoffmangel vor allem auf das kalte Klima in der Tundra zurückgeführt, weil es jegliche Art der Nährstoffzersetzung im Boden behindert.

Bodenquader mit der Wurzelkamera untersucht

Bisherige Betrachtungen ließen jedoch einen entscheidenden Mechanismus außer Acht: die Bedeutung größeren Bodentiere wie Regenwürmer. Ihre Rolle für das Ökosystem wurde deutlich unterschätzt, schreiben die Forschenden im Fachjournal „Nature Communications“. Im Rahmen der Studie hatte das Team Regenwürmer in sogenannten Mesokosmen freigesetzt und darin Stickstoffaufnahme und Pflanzenwachstum beobachtet.

„Das sind geschlossene Bodenquader mit intakter Vegetation im Freiland“, erläutert Gesche Blume-Werry vom Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald. „Um das Wurzelwachstum der Pflanzen in diesen Bodenquadern zu bestimmen, nutzen wir eine Wurzel-Kamera. Diese führen wir durch durchsichtige Röhren, die im Boden stecken.“

Bodentiere verlagern Pflanzenstreu

Hier konnte das Team beobachten, wie schnell sich Regenwürmer in den arktischen Boden eingraben und welchen wesentlichen Beitrag sie zur Nährstoffzersetzung leisten. Denn sie zerteilen Pflanzenstreu in kleinere Fragmente und verlagern diese tiefer in den Boden, wo sie dann leichter von kleineren Bodentieren zersetzt werden können. Die Verteilung der Nährstoffe führte der Studie zufolge bei einigen Pflanzen zu einer Verdopplung der Spross- und Wurzellänge.

Noch sind in der Arktis diese natürlichen Nährstoffzersetzer aber eher selten anzutreffen. Die Forschenden sind sich jedoch einig: Wenn die Temperaturen weiter steigen, könnten Regenwürmer bald auch in den Böden der arktischen Tundra überleben und somit den Nährstofftransport für die Pflanzen ankurbeln. Damit würde sich das Ökosystem in der arktischen Tundra tiefgreifend verändern.