Enzym zerlegt Polyisopren aus Reifen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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14.12.2021

Enzym zerlegt Polyisopren aus Reifen

Kurz & Knapp
  • Anders als Polyisopren aus Naturkautschuk waren die entsprechenden synthetisch hergestellten Moleküle aufgrund anders vernetzter Strukturen bislang nicht biologisch abbaubar.
  • Forschende haben nun eine Emulsion entwickelt, in der ein bestimmtes Enzym auch synthetische Polyisopren-Moleküle in kleinere Stücke zersetzen kann, wodurch diese wiederverwendbar werden.
  • Langfristiges Ziel ist eine kreislaufbasierte Reifenherstellung, doch dazu muss das Enzym zunächst robuster werden.

Erster Schritt zur Kreislaufnutzung von Synthetik-Kautschuk

Forschende der LMU Halle-Wittenberg und des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie haben ein Verfahren entwickelt, um synthetisches Polyisopren enzymatisch abzubauen – ein erster Schritt hin zu einer Kreislaufwirtschaft in der Reifenproduktion. Doch der Weg zum biologisch abbaubaren Reifen ist noch lang.

Kautschuk ist ein wichtiges Ausgangsmaterial, um Gummi und andere Kunststoffe herzustellen. Weil die natürlichen Quellen nicht ausreichen, um den weltweiten Kautschukbedarf zu decken, gibt es längst auch Verfahren, um Kautschuk synthetisch zu produzieren. Dieser Kautschuk unterscheidet sich von Naturkautschuk geringfügig in der Struktur der Moleküle, aus der er aufgebaut ist. Doch diese kleinen Unterschiede führen zu einem großen Nachteil.

Die entscheidende Komponente im Kautschuk ist das Polyisopren, eine Verkettung von teils Tausenden Isopren-Molekülen. Beim Naturkautschuk sind diese Ketten so aufgebaut, dass manche Mikroorganismen sie zersetzen können. Für synthetisches Polyisopren gab es diese Möglichkeit bislang nicht.

Enzym benötigt Emulsion

„Verschiedene Bakterien sind in der Lage, natürliches Polyisopren mit Hilfe von Enzymen abzubauen“, erklärt der Chemiker Vico Adjedje von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Eines dieser Enzyme trägt den Namen LCPK30. „Wir sind die ersten, denen es gelungen ist, das Polyisopren in eine Darreichungsform zu bringen, mit der das Enzym auch arbeiten kann“, berichtet MLU-Arbeitsgruppenleiter Wolfgang Binder.

Die Inspiration dazu kam aus der Natur. Dieser gelingt es, das wasserunlösliche Polyisopren gleichmäßig in Wasser zu verteilen. Erst so entsteht der milchig-weiße Latexsaft der Pflanzen, der zur Kauschukgewinnung geerntet wird. „Unsere Vermutung war, dass synthetisches Polyisopren in einer Emulsion vorliegen sollte, damit das Enzym richtig arbeiten kann“, so Adjedje.

Große Herausforderungen bleiben

Mithilfe eines Lösungsmittels gelang es dem Forschungsteam, synthetisches Polyisopren gleichmäßig in Wasser zu verteilen. In dieser Emulsion dann konnte das Enzym LCPK30 seine Funktion erfüllen und die langen Ketten in kleinere Fragmente zerlegen. Dieser biologische Abbau könnte der Ausgangsschritt für ein Recycling des Isoprens werden.

Doch bis dahin ist der Weg noch weit, denn Polyisopren wird beispielsweise in der Reifenherstellung mit weiteren Stoffen vermischt und chemisch verbunden. Antioxidationsmittel beispielsweise greifen LCPK30 an. Daher wollen die Forschenden nun als nächstes das Enzym so zu verändern, dass es robuster ist. Später geht es dann darum, auch andere Stoffe des Autoreifens enzymatisch abzubauen.