Warum die Pflanzenvielfalt in Europas Wäldern schrumpft - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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16.04.2020

Warum die Pflanzenvielfalt in Europas Wäldern schrumpft

Kurz & Knapp
  • Die Artenvielfalt in Wäldern nimmt weltweit ab, obwohl regional betrachtet auch neue Pflanzenarten die Ökosysteme bereichern.
  • Ein internationales Team unter Leitung von Leipziger Biodiversitätsforschern fand heraus, dass die Zunahme an Stickstoff in den Böden für das Verschwinden vieler krautiger Pflanzen in Europas Wäldern verantwortlich ist.
  • Seltene, an die Umgebung angepasste Pflanzen, werden demnach von jenen Arten verdrängt, die auf nährstoffreichen Böden schnell wachsen. Vier Prozent der Arten sind der Studie zufolge in den vergangenen Jahrzehnten verschwunden.

Stickstoffliebende Pflanzen breiten sich aus

Hohe Stickstoffeinträge sind eine wichtige Ursache für den Rückgang der Pflanzenvielfalt in Europas Wäldern. Das zeigt eine internationale Studie unter der Leitung von Biodiversitätsforschenden aus Leipzig und Halle. Demnach ist in den vergangenen Jahrzehnten trotz regionalen Artenreichtums die Diversität um vier Prozent gesunken.

Die Zahl der Tier- und Pflanzenarten nimmt ab – zumindest global betrachtet. Anders sieht es aus, wenn man sich einzelne lokale Ökosysteme anschaut. Hier beobachten Biodiversitätsforschende mitunter sogar eine Zunahme des Artenreichtums.

Einen Grund für diese paradoxe Situation hat ein internationales Forscherteam unter Leitung des Deutschen Zentrums für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ermittelt. Dazu werteten die Forschenden Daten von 1.162 Pflanzenarten aus. Die Daten stammten von insgesamt 68 verschiedenen Standorten in Europas Wäldern, darunter Thüringen, Brandenburg und Bayern. Der große Datensatz wurde von dem internationalen Netzwerk forestREplot zusammengetragen.

Genügsame Pflanzen vom Aussterben bedroht

Im Fokus der Studie stand die Entwicklung der Artenvielfalt krautiger Pflanzen wie etwa der Brennnessel. Die Auswertung durch das iDiv-Synthesezentrum ergab: Pflanzenarten, die in nur wenigen Wäldern Europas zu finden sind, haben ein erhöhtes Risiko auszusterben. „Dies ist nicht so sehr auf eine geringere Populationsgröße solcher Pflanzen zurückzuführen, sondern vielmehr auf ihre ökologische Nische“, erklärt Biodiversitätsforscher Ingmar Staude

Bei den wenig verbreiteten Arten handelt es sich jeweils um Pflanzen, die es gewohnt sind, mit wenig Nährstoffen auszukommen. Dass gerade diese Arten vom Aussterben bedroht sind, hängt den Forschenden zufolge mit den in weiten Teilen Europas weit verbreiteten chronischen und exzessiven Stickstoffeinträgen zusammen.

Stickstoffeintrag sorgt insgesamt für Artenrückgang

Stickstoffliebende Stauden wie Brennnessel oder Brombeere aber auch exotische Arten profitieren besonders von diesem Nährstoffangebot. Denn die Gewächse gedeihen schneller, haben somit plötzlich einen Konkurrenzvorteil und verbreiten sich stärker. Damit werden Arten verdrängt, die sich an nährstoffarme Böden angepasst haben.

Laut der im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlichten Studie ist die Pflanzenvielfalt in Europas Wäldern in den vergangenen Jahrzehnten um insgesamt vier Prozent zurückgegangen. Der Rückgang wäre sogar noch größer, wenn zusätzlich auch forstwirtschaftlich betriebene Wälder berücksichtigt würden, so die Autoren. In die aktuelle Studie flossen nur Daten aus geschützten Waldgebieten ein.