Auf dem Weg zum Gersten-Pangenom - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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01.12.2020

Auf dem Weg zum Gersten-Pangenom

Kurz & Knapp
  • Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung hat die Genomsequenzen von 20 wichtigen Vertreterinnen der Gerste entschlüsselt.
  • Vergleiche zwischen den 20 Gerstenlinien, deren Erbgut und deren Eigenschaften lassen Rückschlüsse darauf zu, wie bestimmte Eigenschaften genetisch kodiert sind.
  • Die Unterschiede zwischen den Gerstenlinien sind überraschend groß und betreffen die Anzahl der Gene ebenso wie die Struktur der Chromosomen. Letzteres hat große züchterische Relevanz.

Meilenstein der Genomforschung bei Nutzpflanzen

Die Kenntnis des Erbguts von Nutzpflanzen ist essenziell für eine zielgerichtete Züchtung. Das Referenzgenom der Gerste wurde 2017 erstmals entziffert. Nun sind auch die Genome von insgesamt 20 Untergruppen der Gerste analysiert worden. Dieses Wissen eröffnet neues Potenzial für Forschung und Züchtung.

Seit drei Jahren ist das Genom der Gerste bekannt. Doch innerhalb der Art gibt es eine Reihe von Untergruppen, die sich teils deutlich vom Referenzgenom unterscheiden. Um die Evolution der Gerste zu verstehen, aber auch, um ihre heutigen Gene mit den entsprechenden Eigenschaften zusammenzubringen, benötigt es die Kenntnis der Genome aller wichtigen Untergruppen – das sogenannte Pangenom.

Ein internationales Forschungsteam unter Koordination des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben hat dazu nun einen Meilenstein erreicht. Im Wissenschaftsjournal „Nature“ präsentieren die Fachleute die Sequenzierung von 20 unterschiedlichen Genotypen der Gerste. Bereits jetzt lassen sich daraus überraschende Erkenntnisse gewinnen.

Überraschende Dynamik der Genomorganisation

Aus 22.000 Saatgutmustern aus der Genbank am IPK wählte das Forschungsteam 20 zur Analyse aus, die genetisch möglichst unterschiedlich sind. Wie groß diese Unterschiede sind, sorgte dann aber für Erstaunen: Sowohl in der Anzahl der Gene als auch in der Anordnung großer Chromosomenabschnitt weichen die Genotypen voneinander deutlich ab. „Diese natürlich auftretenden oder künstlich ausgelösten Inversionen sind Zeugnis für eine erhebliche Dynamik in der Genomorganisation dieser wichtigen Kulturart“, erläutert Nils Stein vom IPK. “

Insbesondere die strukturellen Unterschiede behindern jedoch die Züchtung: In diesen Genombereichen liegende gewünschte Eigenschaften könnten sich unter Umständen in bestehende Zuchtlinien nicht einkreuzen lassen. Jetzt können Zuchtbetriebe das im Vorfeld prüfen.

Noch mehr Diversität der Gerste erfassen

Nicht nur dieses Wissen, sondern auch die weiteren Informationen über die Unterschiede zwischen den Genotypen erleichtern es Züchtern, Gerstenlinien an neue Herausforderungen wie Dürren oder Starkregen in Folge des Klimawandels anzupassen, aber auch die Abwehr gegen neue Krankheiten und Schädlinge zu verbessern.

Der Weg zum Pangenom der Gerste ist damit jedoch nicht abgeschlossen: „Wir haben noch nicht die gesamte Diversität von Gerste erfasst“, gibt IPK-Forscher Martin Mascher einen Ausblick. „Dazu müssen wir weitere Genotypen vollständig sequenzieren und entschlüsseln.“ Er sei „ganz sicher, dass wir Diversität entdecken, die für die zukünftige Gerstenzüchtung und -forschung von erheblichem Wert sein kann“.

 

In Kooperation mit bioökonomie.de

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