Nachhaltigkeitscheck für tropische Agroforstsysteme - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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02.07.2020

Nachhaltigkeitscheck für tropische Agroforstsysteme

Kurz & Knapp
  • Agroforstsysteme stehen für den kombinierten Anbau von Nutzpflanzen und Bäumen. Das ist für Landwirte und Umwelt gleichermaßen vorteilhaft.
  • In einer Studie haben Göttinger Forschende das ökologische Potenzial tropischer Agroforste genauer untersucht. Dabei zeigte sich, dass die vorherige Bodennutzung entscheidend für die Nachhaltigkeitsbewertung ist.
  • Agroforste auf offenem Land sind artenreicher als etwa Kakaopflanzen, die im Wald angebaut werden. Die Landnutzungsgeschichte sollte daher auch eine Rolle bei der Zertifizierung der Plantagen spielen.

Landnutzungsgeschichte bestimmt Nachhaltigkeit

Agroforstsysteme sind ein vielversprechender Ansatz für ein nachhaltiges Wirtschaften. Ob der kombinierte Anbau von Nutzpflanzen und Bäumen in tropischen Regionen nachhaltig ist, haben Göttinger Forschende untersucht. Dabei zeigt sich: die Landnutzungsgeschichte ist jeweils für die Nachhaltigkeitsbewertung und Zertifizierung entscheidend.

Agroforstsysteme sind ein vielversprechender Ansatz auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Denn die Kombination von Ackerbau und Forstwirtschaft sorgt für mehr Artenreichtum, stabilisiert den Wasserhaushalt und schützt Böden vor Erosion. Zugleich bietet das System Landwirten eine größere Produktpalette und damit mehr Ertragssicherheit.

Vielen Kleinbauern in den tropischen Ländern beschert der Nutzpflanzenanbau im Wald schon heute ein sicheres Einkommen. Doch wie nachhaltig ist der Anbau von Kaffee, Kakao oder Vanille in tropischen Wäldern tatsächlich? Dieser Frage ist ein Team der Georg-August-Universität Göttingen nachgegangen. Die Forschenden kommen zu dem Ergebnis, dass bei der Bewertung der Nachhaltigkeit tropischer Agroforste die jeweilige Landnutzungsgeschichte berücksichtig werden muss.

Agroforste auf offenem Land sind nachhaltiger

Betrachtet man die vorherige Bodennutzung, so ist der Fruchtanbau unter Bäumen wenig nachhaltig. Der Grund: Um Vanille-Lianen, Kaffee- oder Kakaosträucher im Wald anzubauen, muss zuvor das Unterholz entfernt werden. Dabei gehen jedoch viele Pflanzen- und Tierarten und wichtige Ökosystemdienstleistungen verloren. Ein Agroforstsystem auf einer ehemaligen Weide ist dem Forschenden zufolge viel nachhaltiger, weil das Land wieder aufgeforstet wird.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Agroforstsysteme nur dann zu einer deutlichen Aufwertung der Landschaft für die Artenvielfalt führen, wenn sie auf vorher offenem Land etabliert werden“, so Dominic Martin, Erstautor der Studie. Von der Wiederaufforstung durch Bäume profitieren nicht nur Tiere, sondern auch Umwelt und damit Klima.

Plantagen in einstigen Tropenwäldern vermeiden

Ob tropische Agroforste tatsächlich ökologische Vorteile bieten und damit nachhaltig sind, hängt demnach entscheidend davon ab, wie der Boden der Agroforste zuvor genutzt wurde. „Nachhaltigkeitslabel sollten das berücksichtigen, und die Zertifizierung von Plantagen, die zuvor Wald waren, vermeiden“, erklärt Holger Kreft, Leiter der Abteilung Biodiversität, Makroökologie und Biogeographie der Universität Göttingen. Kreft appelliert daher, die Umwandlung artenreicher Tropenwälder in Kaffee-, Kakao- oder Vanilleplantagen unbedingt zu vermeiden. Die Studie entstand im Rahmen des Projekt Diversity Turn und wurde von der Volkswagenstiftung und dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanziert.