Wirkstoff Bromtyrosin - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

Springe zu:

Springe zum Inhalt

31.03.2020

Schlagkräftiger Virenhemmer aus Meeresschwämmen

Kurz & Knapp
  • Ein mariner Schwamm produziert den Wirkstoff Bromtyrosin. Damit bekämpft er Eindringlinge wie Bakterien und Viren.
  • Einem Forscherteam der TU Freiberg ist es gelungen, den Wirkstoff in großen Mengen und in kristalliner Form aus den Meerestieren zu gewinnen.
  • Die Substanz wirkt gegen RNA-Viren und könnte damit womöglich auch die Vermehrung des Coronavirus SARS-CoV-2 stoppen.

Die Vermehrung von RNA-Viren gestoppt

Biomineralogen der TU Bergakademie Freiberg haben aus dem Marinehornschwamm Aplysina aerophoba eine vielversprechende neue Waffe gegen Infektionserreger extrahiert: Der Wirkstoff Bromtyrosin hindert Bakterien und RNA-Viren daran, in Zellen einzudringen und sich zu vermehren. Der Wirkstoff könnte auch gegen das pandemische Coronavirus getestet werden.

Die marine Biodiversität stellt eine noch in weiten Teilen unerforschte Schatzkiste an Naturstoffen dar, die sich etwa für den Einsatz in neuen Medikamenten eignen. Ein Beispiel dafür liefern Forschende der TU Freiberg. Sie haben aus einem marinen Schwamm große Mengen einer Substanz isoliert, die antiviral wirkt. Sie könnte auch eine potenzielle Waffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 sein.

Der Marinehornschwamm Aplysina aerophoba ist eine mehr als 500 Millionen Jahre alte Art, die in warmen Küstengewässern lebt, insbesondere im Mittelmeer. Dort betreiben die Freiberger Biomineralogen gemeinsam mit montenegrinischen Kollegen einen Schwammzuchtanlage.

Natürlicher Schwamm-Abwehrmechanismus

Der Hornschwamm hat im Laufe der Evolution eine faszinierende Eigenschaft entwickelt: Wann immer sein Gewebe verletzt wird, erzeugt er an dieser Stelle sogenannte Bromtyrosine, schlagkräftige Waffen gegen eine Vielzahl von Erregern, die der Schwamm so darin hindert, in seine Zellen einzudringen.

Bromtyrosin unterbindet die Vermehrung von RNA-Viren, indem er die Proteinsynthese hemmt. Am Beispiel von Tumorzellen konnte das Freiberger Team gemeinsam Forschenden der Uniklinik Dresden bereits in vorklinischen Studien zeigen, dass dies jedoch ohne schädigende Wirkung für die Zellen geschieht.

Erprobung gegen Coronavirus sofort möglich

Zu den RNA-Viren, die Bromtyrosin stoppt, gehört der Erreger von Covid-19. „Es ist uns gelungen diese bioaktiven Substanzen in einer rein kristallinen Form, in solchen Mengen, das heißt, deutlich mehr als zehn Gramm, zu isolieren, dass diese für sofortige klinische Untersuchungen gegen den Covid-19-Erreger zur Verfügung stehen“, erklärt Hermann Ehrlich von der TU Freiberg. Man sei selbstverständlich für jede Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen offen.

Für den Schwamm selbst ist die Gewinnung des antiviralen Naturstoffs dank einer neuen Methode harmlos: „Wir nutzen dafür Mikrowellenstrahlung, mithilfe derer die Bromtyrosine aus den Zellen und Skelettfasern der gezüchteten Schwämme isoliert und extrahiert werden können“, sagt Ehrlich. Weil nur ein Teil des Schwamms unter Wasser abgeschnitten wird, behält der Organismus seine Regenerationsfähigkeit.