Der Wert von Biodiversität in der Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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10.08.2020

Der Wert von Biodiversität in der Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Da mit dem Ausbau der Bioökonomie auch der Nutzungsdruck auf die Flächen zunimmt, steigt auch Bedarf zusätzlicher Regulierung, um wertvolle Artenvielfalt zu erhalten.
  • Der Versicherungswert von Biodiversität für die Biomasseproduktion wird angesichts des Klimawandels besonders bedeutend.
  • Ein gerechter Transformationsprozess hin zu einer Bioökonomie erfordert eine angemessene Berücksichtigung der Verteilungseffekte zwischen gesellschaftlichen Gruppen.

Der Wert von Biodiversität in der Bioökonomie

Ein Beitrag von Martin F. Quaas, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, und Jasper N. Meya, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

Mit dem Ausbau der Bioökonomie, der das notwendige Ersetzen fossiler durch nachwachsende Rohstoffe vorantreibt, erhöht sich der Nutzungsdruck auf eine begrenzte land- und forstwirtschaftliche Fläche. Es kann daher zu einer Zuspitzung bereits vorhandener Nutzungskonflikte kommen, möglicherweise auch zur Verdrängung einzelwirtschaftlich weniger profitabler Nutzungsarten, wie beispielsweise extensiver Weidehaltung.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht würden die Ziele einer nachhaltigen Bioökonomie aber verfehlt, wenn das mit einem weiteren Biodiversitätsverlust einherginge. Die Landnutzung ist weltweit der größte Treiber des Biodiversitätswandels, und insbesondere die intensive Landwirtschaft oft Treiber von Biodiversitätsverlust. Mit der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft verschwindet nicht nur ein Wert an sich, sondern auch die Güter und Leistungen, die eine intakte Natur allen zur Verfügung stellt.

Die Liste ist lang: Viele Feldfrüchte hängen von der Bestäubung von Insekten ab, Vögel regulieren Schädlingspopulationen und vielfältige Agrarlandschaften stiften Erholung oder kulturelle Identität. Dazu kommt: Je vielfältiger die Ökosysteme, desto widerstandsfähiger sind diese gegen Umweltveränderungen, wie Dürren oder die Ausbreitung von gebietsfremden Arten, sodass sich der Schutz und die Bereitstellung von Biodiversität, als Investition in eine natürliche Versicherung begreifen lässt.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Martin Quaas ist Leiter der Arbeitsgruppe Biodiversitätsökonomik am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Leipzig. Seine Forschung zielt darauf ab, die wissenschaftlichen Grundlagen für Nachhaltigkeit in Mensch-Natur-Beziehungen zu verbessern.

Dr. Jasper Meya ist promovierter Volkswirt und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Biodiversitätsökonomik am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung.

Eine Transformation zu einer Bioökonomie, die mit den nationalen und internationalen Naturschutzzielen kompatibel ist, berücksichtigt den gesellschaftlichen Wert von Biodiversität systematisch und verankert ihn durch entsprechende Regulierungen. Es ist ein Gebot gesamtwirtschaftlicher Effizienz, biodiversitätsschädigendes Verhalten angemessen zu bepreisen und die Bereitstellung von natürlichen Gemeinschaftsgütern angemessen zu honorieren. Denn auf diese Weise werden wirtschaftliche Anreize geschaffen, um Zielharmonien zwischen Bioökonomie und Biodiversitätsschutz zu nutzen und bei Zielkonflikten den Biodiversitätsschutz ausreichend zu berücksichtigen.

Eine naturschonende Bioökonomie erhält Naturkapital als Basis des zukünftigen gesellschaftlichen Wohlstandes. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, dass die Rate mit der Biomasse entnommen wird, nicht die Regenerationsfähigkeit von Ökosystemen übersteigt. Wo Ökosysteme in einem schlechten Zustand sind, können langfristig Erträge durch Naturschutzmaßnahmen als Investitionen in Naturkapital gesteigert werden.

Der Transformationsprozess wird auch mit Umverteilung zwischen gesellschaftlichen Gruppen verbunden sein. Kosten und Nutzen für verschiedene Nutzer (Haushalte in der Stadt vs. auf dem Land) oder Produzenten (kleine vs. große landwirtschaftliche Betriebe) sind möglicherweise sehr unterschiedlich. Das gilt auch für die negativen und positiven externen Effekte einer Bioökonomie, wie die Entlastung von ökologischen Senken durch biologisch abbaubare Produkte aus Biomasse aber auch Auswirkungen auf die Artenvielfalt durch die veränderte Landnutzung. Der Wandel zu einer Bioökonomie könnte auch bedeuten, dass die Produktion privater Güter (Biomasse) auf Kosten von öffentlichen Gütern und Gemeinschaftsgütern (Ökosystemleistungen) erhöht wird. Hier besteht Forschungsbedarf, um besser zu verstehen, wie sich die Transformation mit ökonomischer Verteilungsgerechtigkeit verbinden lässt.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

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