Die Pflanze als Sensor für Bodeneigenschaften - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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15.04.2020

Die Pflanze als Sensor für Bodeneigenschaften

Kurz & Knapp
  • Böden sind wichtiger Bestandteil der Bioökonomie und liefern vielfältige Ökosystemleistungen.
  • Messung und Berechnung von Prozessen im Boden sind eine wissenschaftliche Herausforderung.
  • Pflanzen können wichtige Hinweise für aktuelle Bedingungen im Boden liefern.

Ökosystemleistungen von Böden

Ein Beitrag von Dr. Carsten Montzka, Forschungszentrum Jülich GmbH

Die Entstehung unserer Böden benötigte Jahrtausende. Heute leisten sie wichtige und vielfältige Beiträge, die dem Menschen zugutekommen. Die Nahrungsmittelproduktion ist davon wohl die offensichtlichste Ökosystemleistung, darüber hinaus filtern und speichern Böden Wasser, setzen Nährstoffe um, sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen, können Kohlendioxid binden, und haben auch landschaftsgestalterische Funktionen. Damit sind sie ein wichtiger Baustein in der Bioökonomie, den es zu bewahren gilt.

Von Böden sehen wir – wenn überhaupt – nur die Oberfläche. Sie sind aber kleinräumig sehr unterschiedlich. Um die Böden besser kennen zu lernen und deren Wert für die Gesellschaft beurteilen zu können, sind interdisziplinäre Forschungsansätze und Messmethoden notwendig. Man kann ja nicht einfach in den Boden hineintauchen um die Eigenschaften und Prozesse zu begutachten – oder doch?

Köpfe des Wandels

Dr. Carsten Montzka promovierte im Fach Geographie an der Universität Bonn mit Schwerpunkt auf Fernerkundung in Hydrologie und Landwirtschaft. Seit 2007 ist er Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich und arbeitet am Monitoring der Erdoberfläche mit Sensoren auf Satelliten, Flugzeugen und Drohnen. Er ist Alumnus der Arabisch-Deutschen Jungen Akademie der Wissenschaften (AGYA) und koordiniert die Validierung von Bodenfeuchtemessungen beim Komitee für Erdbeobachtungssatelliten (CEOS WGCV).

Verfahren zur Messung von Bodeneigenschaften

Sagen wir mal so: Wir arbeiten dran! Am Forschungszentrum Jülich nutzen wir Mikrowellen mit denen wir die Feuchtigkeit der oberen Bodenzentimeter erfassen können. Dies ist die Schicht, mit den größten Schwankungen zudem erfahren wir in kurzer Zeit viel über die hydrologischen Bodeneigenschaften. Wir senden elektromagnetische Impulse aus und erhalten Informationen über die elektrische Leitfähigkeit in bis zu 3 Metern Tiefe, die wiederum Hinweise auf den Tongehalt der Böden liefert. Wir können auch Gase auffangen, um die Umwandlung von Elementen wie Kohlenstoff und Stickstoff zu beobachten. Über das Zusammenspiel vieler Messmethoden ergibt sich nach und nach ein klareres Bild der Böden und ihrer Ökosystemleistungen, ohne den Spaten in die Hand nehmen zu müssen.

Die Pflanze als Sensor

Wichtige Hinweise liefern aber auch die Pflanzen selbst. Wir nutzen deren Wurzeln als Sensoren für tiefere Schichten, die wir ansonsten nicht erreichen. Die schluffhaltigen Böden der Börden können selbst bei den Hitzeperioden der vergangenen Sommer ausreichend Wasser und Nährstoffe bereitstellen.

Sandböden können dies oft nicht, sodass die Pflanzen früher in die Reifephase übergehen oder weniger Ertrag liefern. Mit herkömmlichen Sensoren sieht man Probleme erst dann, wenn die Pflanze nachhaltig geschädigt ist. Neue Verfahren, wie z. B. die Messung der Fluoreszenz im Feld, können früher abhelfen. Als Nebenprodukt der Photosynthese entsteht hier ein faszinierendes Eigenleuchten der Pflanzen, ändert sich das Signal, kann dies ein Hinweis auf ein Stresssymptom sein.

Solche Informationen sind wichtig, um Ökosystemleistungen zeitnah zu bewerten und ggf. handeln zu können – auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Bodenmessstationen, Drohnen, Flugzeuge oder Satelliten liefern die nötigen Daten.

Ziel ist es, wie im Beispiel der Agrarsysteme der Zukunft (DAKIS), die Auswirkungen kleinräumigerer Anbaustrukturen, sowohl auf den Ertrag als auch auf die Artenvielfalt zu erfassen, wie im Beispiel der Modularen Erdbeobachtung (MOSES), bei der Folgen von Hitzewellen analysiert werden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​