Eine Transformation hin zu Bioökonomie birgt unbezweifelbar enorme Chancen. Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass eine Wirtschaftsweise, die all das, was wir heute aus Kohle, Erdöl und -gas herstellen, aus Biomasse produziert, neue Knappheiten und damit gesellschaftliche Konflikte mit sich bringt. Insbesondere dürften landwirtschaftliche Flächen noch knapper werden. Für uns, Teile der interessierten Öffentlichkeit in demokratischen Gesellschaften, drängt sich die Frage auf, wie wir die Transformation zu Bioökonomie beurteilen sollen: Sollen wir sie trotz der nicht zu vernachlässigenden Risiken unterstützen oder ungeachtet der greifbaren Chancen ablehnen?
Technikentwicklung und Moralappelle nicht die Lösung
Eine Möglichkeit, diese dilemmatisch anmutende Frage nicht beantworten zu müssen, liegt darin, die Entstehung der Bioökonomien derart zu beeinflussen, dass die Chancen realisiert und die Risiken vermieden werden. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an technischen Innovationen, mit denen die befürchteten Nachteile der Bioökonomie vermieden werden. Andere forschen daran, moralische Forderungen zu begründen, denen Bioökonomien genügen sollten, und politisch-ökonomische Institutionen zu entwerfen, welche gewährleisten, dass sie es tun.
Ich bezweifele, dass diese beiden Wege, selbst wenn sie nicht gegeneinander ausgespielt, sondern kombiniert werden, zielführend sind. Der eine Weg ist zu technik-gläubig, der andere zu moralistisch. Ich stimme aber den beiden Positionen darin zu, dass wir uns nicht zwischen Chancen und Risiken zu entscheiden brauchen. Im Folgenden will ich einen pragmatistisch inspirierten Weg zur gesellschaftlichen Diskussion über die Bioökonomie-Transformation skizzieren. Anstatt sich mit Abwägung zwischen vermeintlich miteinander im Konflikt stehenden Werten zu befassen, sollte gesellschaftliche Reflexion mit der Frage beginnen: Warum ist Bioökonomie überhaupt erstrebenswert?