Mikroalgen als Wertstofflieferanten - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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11.12.2020

Mikroalgen als Wertstofflieferanten

Kurz & Knapp
  • Mikroalgen produzieren wertvolle Inhaltsstoffe, welche in der Industrie auf besonders großes Interesse stoßen.
  • Die phototrophe Kultivierung lässt sich optimieren, sodass Algen effizienter und ressourcenschonender produziert werden können.
  • Neue, funktionelle Mikroalgenprodukte kommen auf den Markt und liefern den Verbrauchern Zusatznutzen.

Mikroalgen als Wertstofflieferanten

Ein Beitrag von Prof. Dr. Claudia Grewe, Hochschule Anhalt

Mikroalgen enthalten eine ganze Reihe von biochemisch synthetisierten Wertstoffen, wie beispielsweise Zuckerverbindungen, Eiweiße, Peptide, Aminosäuren, Polyphenole oder auch Fetten, wie z.B. ω3-Fettsäuren, Phytohormone, Vitamine und Farbstoffe. Das Interesse der Industrie an diesen natürlich hergestellten Molekülen steigt ständig, da diese, im Vergleich zu synthetisch gewonnenen Substanzen, häufig weniger toxisch, nachhaltig produzierbar und auch biologisch abbaubar sind.

Der Clou dabei ist, dass die Gehalte der Wertstoffe – im Gegensatz zu Pflanzen – variiert und auch durch die Bioverfahrensentwicklung gezielt optimiert werden können. Einige der besonders interessanten Inhaltsstoffe sind natürliche Antioxidantien, wie z.B. Sekundärcarotinoide (Astaxanthin) und Polyphenole (Gallussäure).

Sekundärcarotinoide sind Farbstoffe mit besonderen Eigenschaften und Polyphenole gehören zu den biologisch aktiven Pflanzenstoffen, die auch in Algen vorkommen. Beide gehören zu den sekundären Zellinhaltsstoffen und weisen sowohl in-vitro, unter Laborbedingunen als auch in-vivo, an lebenden Organismen, gesundheitsfördernde Eigenschaften auf.

Daher werden sie in der Lebensmittel-, Futtermittel- und Kosmetikindustrie gern und in zunehmendem Maße eingesetzt. Die Liste der nachgewiesenen Bioaktivitäten der Mikroalgen-Inhaltsstoffe ist lang, sie wirken u.a. antimikrobiell, antiviral, fungizid (pilzabtötend), cytostatisch (Hemmung von Zellwachstum oder Zellteilung), blutdruck- und blutfettsenkend und sind daher Gegenstand der Wirkstoffforschung. Die in Thüringen ansässige, mittelständige Salata AG isoliert, produziert und vermarktet seit 15 Jahren weltweit Mikroalgenprodukte. Eine Möglichkeit stellt die Senkung des Energieverbrauchs der eingesetzten Photobioreaktoren (Bioreaktor) dar. Hier führt die Verbesserung der Effizienz der Produktionstechnologie der Mikroalgenbiomassen zu sinkenden Produktionskosten, was wiederum neue Märkte erschließt und so eine breitere industrielle Anwendung der meist phototroph (mit Hilfe von Licht als Energiequelle) produzierten Mikroorganismen erlaubt.

Köpfe des Wandels

Dr. Claudia Grewe studierte Biotechnologie an der Hochschule Anhalt in Köthen und promoviert an der MLU Halle Wittenberg über Untersuchungen zu der Astaxanthin Biosynthese in den Grünalgen. Von 2007 bis 2020 leitete sie die Abteilung Mikroalgen bei der Salata AG. An der Hochschule Anhalt ist sie ab September 2020 Professorin für Bioverfahrenstechnik. Sie hat 20 Jahre Erfahrung im Up- und Downstreaming von Mikroalgen vom Labor- bis in den industriellen Maßstab.

Um die Anzahl der Mikroalgenprodukte und deren Verbreitung weiter zu fördern, wurden darüber hinaus neue Aufarbeitungskonzepte umgesetzt, welche neben fraktionierter Aufreinigung (stufenweise in Teilstoffströme) auch die Entwicklung von Co-Produkten realisieren. Hier können in den nächsten Jahren die Wirtschaftlichkeit der Produktion weiter erhöht und die Anwendungsfelder verbreitert werden.

In der Anwendung von funktionsbasierten Tests zeigen sich immer wieder überraschend hohe Aktivitäten. Die Entwicklung von neuen Formulierungen, von Pulvern, über Extrudate bis hin zu funktionalen Hydrogelen verbessert die Applikationsfähigkeit als färbende und antioxidativ wirksame Nahrungsmittelzusätze, Nahrungsergänzungsmittel, Futtermittel, sowie als funktionelle Zusätze in diversen Kosmetika.

Rechtliche Einschränkungen zum Inverkehrbringen neuer Mikroalgenprodukte verzögern deren umfassende Vermarktung derzeit noch, ihr Einsatz als nachwachsende Rohstoffe mit wichtigen Funktionalitäten wird in den kommenden Jahren jedoch stetig zunehmen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​