Natürlich süßen mit einem Protein – Biotechnologie machts möglich - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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05.02.2021

Natürlich süßen mit einem Protein – Biotechnologie machts möglich

Kurz & Knapp
  • Die Natur als Vorbild: Ein pflanzlicher Süßstoff, der nicht nur süß, sondern auch vollmundig schmeckt, wird mit Biotechnologie ressourcenschonend hergestellt.
  • Von der Idee – ein süßes Protein im Bioprozess herzustellen – bis zur Umsetzung sind viele ExpertInnen und Teamwork gefragt.
  • Die Natur birgt weitere natürliche Süßstoff-Alternativen. Doch letztlich entscheidet der Verbraucher darüber, ob ein biotechnologisches Produkt eine Chance auf dem Markt hat.

Was kosten unsere Lebensmittel wirklich?

Ein Beitrag von Dr. Katja Riedel, BRAIN AG

Zu viel Zucker ist ungesund; das weiß jedes Kind. Um Zähne und Stoffwechsel zu schützen sowie die Kalorienzufuhr einzudämmen, werden Süßstoffe eingesetzt. Sie helfen, Lebensmitteln ihre gewohnte Süße zu verleihen und bei vergleichbarem Geschmack eine gesündere Alternative zu bieten.

Die Natur als Vorbild

Die meisten bisher zugelassenen Süßstoffe sind nicht natürlich. Doch es kommen auch Süßstoffe in der Natur vor! Vorbild für einen proteinbasierten Süßstoff ist beispielsweise die afrikanische Pflanze Pentadiplandra brazzeana. In ihren Beeren bildet sie ein süß schmeckendes Protein, das im Vergleich zu herkömmlichen Süßstoffen süßer ist, dem gewohnten Zuckergeschmack sehr ähnelt und sogar ein vollmundigeres Geschmacksprofil aufweist. Dabei ist das Protein in den zum Süßen benötigten Mengen nahezu kalorienfrei und vereint somit süßen Geschmack mit den Vorteilen der „Zuckerfreiheit“.

Köpfe des Wandels

Dr. Katja Riedel ist Molekularbiologin und promovierte am Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Seit 2011 ist sie Teil des Teams „BioActives & Performance Biologicals“ der BRAIN AG. Neben der Koordination von Forschungsprogrammen im Bereich Nutrition & Health ist sie im Business Development tätig.

Ressourcenschonender Bioprozess

Das Protein, auch Brazzein genannt, könnte man theoretisch aus den Beeren der afrikanischen Pflanze extrahieren – dies lässt sich jedoch in der Praxis nicht nachhaltig umsetzen. Eine Alternative ist die biotechnologische Produktion von Brazzein durch Fermentation mit Mikroorganismen. Dieser Bioprozess ist die Methode der Wahl, um eine nachhaltige und auch kosteneffiziente Herstellung zu ermöglichen.

Entscheidend: der richtige Bauplan und der passende Mikroorganismus

Wie aber bringt man einen Mikroorganismus dazu, ein bestimmtes Protein zu produzieren, das sonst nur Pflanzen herstellen? Man sucht zunächst den genetischen Bauplan für das Protein, stellt die zugehörige DNA-Sequenz her und transportiert sie per „Plasmid-Taxi“ in einen Mikroorganismus. Dieser muss nicht nur in der Lage sein das pflanzliche Protein naturgetreu herzustellen, sondern auch für die Produktion von Lebensmittelinhaltsstoffen als sicher eingestuft und zugelassen sein. Dann sorgt man für optimale Bedingungen im Fermenter, damit sich der Mikroorganismus wohl fühlt, sich vermehrt und das gesuchte Protein in seine Umgebungsflüssigkeit abgibt. Aus dieser Flüssigkeit wird es gewonnen und gereinigt, so dass es für den Einsatz in ein Lebensmittel bereit ist.

Teamwork gefragt

So einfach, wie es sich vielleicht anhört, ist das Ganze natürlich nicht – sonst bräuchte es nicht Expertinnen und Experten der Molekularbiologie, Mikrobiologie, Proteinchemie und Bioprozesstechnik, die eine Idee bis hin zu einem solchen biotechnologischen Ansatz gemeinsam zum Erfolg bringen.

Weitere natürliche Alternativen am Horizont

Die langjährige Suche nach Süßstoffen bei BRAIN brachte noch weitere Kandidaten hervor, deren Süße durch ein zellbasiertes Testsystem gefunden und von Testschmeckern bestätigt wurde. Es bleibt spannend, wie viele Süßstoffkandidaten den Weg bis zum Verbraucher schaffen. Letztlich entscheidet der Kunde im Laden darüber, ob ein kalorienreduziertes und damit gesünderes Lebensmittel eine Chance auf dem Markt hat. Denn nur gesund sein, reicht nicht. Schmecken soll es in jedem Fall.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​