Plastikabbau mit mikrobiellen Enzymen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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07.05.2020

Plastikabbau mit mikrobiellen Enzymen

Kurz & Knapp
  • Enzyme, die aus Pilzen und Bakterien in unserer Umwelt gewonnen werden sind unentbehrliche Helfer der Bioindustrie.
  • Plastikabbauende Enzyme lassen sich zur Leistungssteigerung von Waschmitteln für eine umweltfreundliche Reinigung von synthetischen Textilien einsetzen.
  • Als Baustein einer Kreislaufwirtschaft können diese Enzyme Plastikmüll in seine Bestandteile zerlegen und eine Wiederverwendung ermöglichen.

Plastikabbau mit mikrobiellen Enzymen

Ein Beitrag von Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann, Institut für Analytische Chemie, Universität Leipzig

Enzyme sind Eiweißmoleküle, die als Biokatalysatoren bei der industriellen Herstellung oder der Umwandlung einer Vielzahl von Produkten eingesetzt werden können. Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien sind aufgrund ihrer hohen Biodiversität hierbei wichtige Lieferanten von neuen Enzymen für den Einsatz in der Bioökonomie.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann ist Professor Emeritus am Institut für Analytische Chemie der Universität Leipzig. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Nutzbarmachung mikrobieller Biokatalysatoren in industriellen Prozessen. Im Bereich Polymerbiotechnologie beschäftigt er sich mit der Entwicklung von plastikabbauenden Enzymen und ihre biotechnische Anwendung.

Plastikabbauende Enzyme

Plastik besteht aus Polymeren, das sind Makromoleküle, die aus wiederholenden Grundbausteinen aufgebaut sind. Bekannte Beispiele von Produkten aus synthetischen Kunststoffen sind Plastikbeutel aus Polyethylen und Getränkeflaschen oder Kunstfasern aus Polyethylenterephthalat (Polyester, PET).

Plastik wird weltweit in großen Mengen aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas hergestellt. In den letzten 65 Jahren sind schätzungsweise ca. fünf Milliarden Tonnen davon als Plastikmüll in Deponien, Flüsse und Ozeane gelangt. In der Umwelt werden synthetische Polymere allerdings nur sehr langsam abgebaut, was zu einem bedeutenden Abfallproblem globalen Ausmaßes geführt hat.

Es konnte in den letzten Jahren gezeigt werden, dass viele Mikroorganismen und ihre Enzyme in der Lage sind, Plastik zumindest teilweise abzubauen oder zu verändern. Polyesterhydrolasen sind Enzyme, die viele Bakterien und Pilze bei der Zersetzung von Pflanzenmaterial bilden. Neben dieser natürlichen Funktion können die Enzyme jedoch auch zur Spaltung synthetischer Polyester wie PET eingesetzt werden. Aus Pflanzenkompost oder Bodenproben konnten Mikroorganismen isoliert werden, deren Enzyme die Oberfläche von Polyestertextilfasern verändern oder Plastik aus PET sogar vollständig in seine Bestandteile zerlegen. Durch den Einsatz von gentechnischen Methoden kann die Leistung dieser Polyesterhydrolasen massiv gesteigert und damit die Voraussetzung für ihre biotechnische Anwendung geschaffen werden.

Anwendungen in der Textilindustrie und in Waschmitteln

Mikrobielle Polyesterhydrolasen konnten bereits erfolgreich zur Funktionalisierung von synthetischen Textilfasern aus Polyester eingesetzt werden. Hierbei verbessern die Enzyme die Eigenschaften der Fasern wie z. B. ihre Wasseraufnahmefähigkeit im Vergleich zu herkömmlichen Textilveredlungsverfahren mit einem deutlich geringeren Verbrauch an Wasser, Chemikalien und Energie.

Enzyme sind gleichfalls ein Schlüssel zur Leistungssteigerung hochwertiger Textilwaschmittel. Mit dem Zusatz von Polyesterhydrolasen lässt sich die Effizienz von Waschmitteln für Polyestertextilien steigern. Damit können die Biokatalysatoren dazu beitragen, dass Waschmittel auch bei niedrigen Temperaturen und bei minimalem Wasserverbrauch optimale Ergebnisse liefern und zu einem nachhaltigen und umweltschonenden Textilwaschprozess beitragen.

Enzyme zum Recycling von Plastikmüll

Mit der Entwicklung leistungsstarker mikrobieller Polyesterhydrolasen stehen nun auch Enzyme zur Verfügung, die Plastikabfälle aus PET, z. B. Wasserflaschen oder Lebensmittelverpackungen, in kurzer Zeit in einem Bioreaktor in ihre Bestandteile zerlegen können. Aus den Polymerbausteinen können dann wieder neues PET Plastik und andere Wertstoffe hergestellt werden. Damit wird der Weg geöffnet für eine umweltfreundliche biotechnische Wiederverwendung von Plastik in einer Kreislaufwirtschaft, die dazu beiträgt die Schädigung unserer Umwelt durch Plastikmüll zu verhindern und den Einsatz fossiler Rohstoffe zu reduzieren.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​