Plastikrecycling mit Mikroben - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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10.07.2020

Plastikrecycling mit Mikroben

Kurz & Knapp
  • Im EU H2020 Projekt MIX-UP wird Biotechnologisches Plastikrecycling erforscht.
  • Mikroben können Plastikbausteine als Nahrung für die Herstellung von Wertstoffen nutzen.
  • Unser Ziel sollte es sein Plastik nicht aus Erdöl herzustellen.

Plastik als Herausforderung

Ein Beitrag von Lars M. Blank, RWTH Aachen

Die anhaltende Nachfrage nach Kunststoffprodukten, das Fehlen eines adäquaten Recyclings und die allgegenwärtige Belastung der Umwelt durch Kunststoffabfälle ist eine globale Herausforderung. In 2019 wurden weltweit rund 360 Millionen Tonnen Plastik produziert, Tendenz steigend. In vielen Ländern ohne funktionierende Entsorgung landen die Abfälle entweder auf der Deponie oder gar in der Landschaft und im Meer.

Je nach Umweltbedingung dauert die Zersetzung einer PET-Flasche 400 Jahre. Bis 2020 sollen daher gemäß den EU-Zielen 50 Prozent der PET-Kunststoffe, zum Beispiel in Getränkeflaschen, recycelt werden. PU-Schäume, die in der Bauindustrie z. B. zur Isolierung verwendet werden, sollen zu 70 Prozent wiederverwertet werden. Derzeit werden aber unter 30 Prozent PET und weniger als fünf Prozent PU aufbereitet.

Köpfe des Wandels

Lars M. Blank hat Chemieingenieurwesen (Dortmund) und Biologie (Bochum) studiert. Nach internationalen Stationen in Japan, den USA, Australien, Dänemark und der Schweiz hat er sich an der TU Dortmund habilitiert. Blank ist Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Mikrobiologie an der RWTH Aachen. Er konzentriert seine Forschung auf grundlegende und angewandte Aspekte des mikrobiellen Stoffwechsels.

Biotechnologisches Plastikrecycling

Im Rahmen des EU HORIZON 2020-Projektes MIX-UP (MIXed plastics biodegradation and UPcycling using microbial communities) forscht ein internationales, multidisziplinäres Konsortium nach neuen, nachhaltigen Recyclingmethoden. Mit MIX-UP wird eine tragfähige komplementäre Technologie zum mechanischen und chemischen Recycling angestrebt.

MIX-UP verwendet Kunststoffmischungen aus fünf der wichtigsten, auf fossilen Rohstoffen basierenden Kunststoffe und zukünftige bio-basierte Kunststoffe für das biochemische Re-/Upcycling. Der enzymatische Abbau von Kunststoffabfällen wird dabei mit der anschließenden Umsetzung, die durch trainierte Mikroben (hauptsächlich Bakterien) erreicht wird, in hochwertige Chemikalien und Kunststoffe kombiniert.

Bereits bekannte kunststoffabbauende Enzyme/Eiweiße werden hinsichtlich ihrer katalytischer Wirksamkeit, also wie schnell sie Plastik abbauen können, für ein breites Spektrum von Kunststoff-Polymeren und Temperaturen optimiert. Darüber hinaus sollen neue Enzyme mit Aktivitäten für hartnäckige Polymere, wie PE, isoliert werden.

Das EU-geförderte Projekt verbessert zudem die Produktion dieser Enzyme und entwickelt Enzymcocktails, die auf bestimmte Plastikmischungen zugeschnitten sind. Freigesetzte Kunststoffmonomere werden gezielt durch stabile Mischungen von Mikroben als Nahrung genutzt, um unter anderem hochwertige Chemikalien oder mikrobielle Polyester zu produzieren. Alle noch verbleibenden polymeren Reststoffe, die auf diesem Wege nicht aufgeschlossen werden können, werden nach einer chemischen Behandlung in den Prozess zurückgeführt.

Die Technologien von MIX-UP steigern so perspektivisch die Recyclingquoten und verleihen den bisher nur unzureichend aufbereiteten Abfallströmen von unsortierten Kunststoffen einen Wertzuwachs.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​