Stoffkreisläufe im Boden „im Fluss“ halten - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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04.05.2020

Stoffkreisläufe im Boden „im Fluss“ halten

Kurz & Knapp
  • Die Kohlenstoffspeicherung in Böden – der Humusaufbau – hilft nicht nur der Atmosphäre und dem Klima, sondern auch unseren Böden.
  • Die das Pflanzenwachstum unterstützenden Mikroorganismen sind durch die vorhandene Menge an Kohlenstoff begrenzt: Humusaufbau ermöglicht die Ausbildung gesunder mikrobieller Gemeinschaften im Boden.
  • Mikroorganismen verknüpfen Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe in Böden: Aktive mikrobielle Gemeinschaften halten viele Nährstoffe pflanzenverfügbar und schützen gleichzeitig vor deren Verlust aus dem Boden.

Der Kohlenstoffkreislauf: Zwischen Klima und Boden

Ein Beitrag von Michaela Dippold, Georg-August-Universität Göttingen

Im Zuge des Klimawandels wird viel über Böden als Speicher für das Treibhausgas CO2 gesprochen. Während Landnutzungsänderungen oft dazu führen, dass der Kohlenstoffvorrat im Boden abgebaut und CO2 freigesetzt wird, versucht man bei nachhaltiger Landbewirtschaftung Humusbilanzen zu erstellen. Diese sollen sicherstellen, dass unsere Kohlenstoffvorräte im Boden auf keinen Fall verloren gehen – nicht nur wegen des Klimas, sondern auch, da sie die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Eine zentrale Rolle hierfür spielen die Bodenmikroorganismen.

Köpfe des Wandels

Jun.-Prof. Dr. Michaela Dippold studierte Geoökologie und Biochemie an der Universität Bayreuth und promovierte dort 2014. Ihre Forschung nutzt modernste biochemische Analytik, um bodenökologische und biogeochemische Fragen nachhaltiger Bodennutzung zu beantworten. 2017 erhielt sie die Robert-Bosch Juniorprofessur Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und leitet seither die Abteilung Biogeochemie der Agrarökosysteme an der Georg-August Universität Göttingen.

Mikroorganismen als Motor der Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe in Böden

Mikroorganismen im Boden leben vom Kohlenstoff und setzen Nährstoffe aus dem Humus frei, welche dann – entweder direkt oder nach deren Zelltod – durch unsere Nutzpflanzen aufgenommen werden können. Im Durchschnitt sind 100 Milliarden Zellen dieser kleinsten Lebewesen in einem Gramm Boden (entspricht einem halben Teelöffel). Alle 3 – 100 Tage sterben diese Zellen und neue wachsen dafür – es liegt also im Jahresverlauf ein mehrfacher Umsatz vor. Je gesünder ein Boden, desto mehr Mikroorganismen finden wir, aber desto intensiver ist auch ihr jährlicher Umsatz.

Damit haben Pflanzen häufiger Zugriff auf die wertvollen Nährstoffe, welche sich im ständigen Kreislauf zwischen lebenden Mikroorganismen und toter organischer Bodensubstanz befinden. Durch diesen Kreislauf liegen nie alle Nährstoffe zeitgleich verfügbar vor, sodass sie z. B. nicht durch ein einziges Starkregenereignis komplett ins Grundwasser ausgewaschen werden könnten.

Wie bewirtschaften wir die Mikroorganismen im Boden?

Um das Wachstum der Mikroorganismen zu fördern, müssen wir dem Boden ihre Nahrung, den Kohlenstoff, zuführen aber auch die Nährstoffvorräte schonen. Da wir aber Landwirtschaft praktizieren, um auf unseren Böden unsere eigene Nahrung zu produzieren, transportieren wir ständig Kohlenstoff und Nährstoffe ab, die in unserer globalisierten Wirtschaft nicht so einfach zurückzuführen sind.

Um Nährstoffverluste auszugleichen benutzen wir Dünger in genau angepasster Menge. Denn Überdüngung führt zu Nährstoffverlusten an Grundwasser, Flüsse, Seen und die Atmosphäre, und dort sind diese fast immer schädlich. Um viele Nährstoffe im Boden in pflanzenverfügbarer Form zu halten, brauchen wir ein aktives Bodenleben mit vielen Mikroorganismen, was allerdings viel Kohlenstoff im Boden erfordert.

Neben der konsequenten Rückführung von Ernterückständen – also allem, was uns nicht direkt als Nahrung dient – ist es auch wichtig, dass wir die nicht für die Lebensmittelproduktion genutzten Wachstumszeiträume im Jahr dazu einsetzen, den Kohlenstoffvorrat des Bodens aufzufrischen. Winterzwischenfrüchte haben sich hier als äußerst vielversprechende Strategie erwiesen. Diese werden nicht geerntet, sondern im Frühjahr komplett in den Boden eingearbeitet, um dessen Kohlenstoffvorrat zu erhöhen.

Mit maximal tief wurzelnden Zwischenfrüchten können wir den Bodenbereich, in dem Mikroorganismen mit ihrem andauernden Umsatz die Nährstoffvorräte im Fluss halten sogar noch um tiefere Schichten erweitern. Somit können wir noch mehr Nährstoffe verfügbar halten und parallel mehr Kohlenstoff in unseren Böden speichern.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

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