Was kosten unsere Lebensmittel wirklich? - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

Springe zu:

Springe zum Inhalt

29.01.2021

Was kosten unsere Lebensmittel wirklich?

Kurz & Knapp
  • Die derzeitige Lebensmittelproduktion in Deutschland verursacht hohe Klimakosten.
  • Je nach Lebensmittelkategorie variieren die Klimakosten dabei stark.
  • Die Integration landwirtschaftlicher Umweltschadkosten in die Lebensmittelpreise kann den Weg in die Bioökonomie positiv beeinflussen.

Was kosten unsere Lebensmittel wirklich?

Ein Beitrag von Maximilian Pieper, Technische Universität München

Was kosten unsere Lebensmittel wirklich? Die Frage irritiert. Die Verbraucherin zahlt schließlich den Preis, den der Verkäufer angibt. Doch je nachdem zu welchem Produkt die Verbraucherin greift, wird die Umwelt mehr oder weniger stark belastet. Und diese Umweltbelastung verursacht versteckte Kosten, für die nicht die einzelne Verbraucherin sondern die Allgemeinheit bezahlt.

Wenn der Fußabdruck, welcher bei der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion durch emittierte Klimagase entsteht, auf die aktuellen Lebensmittelpreise aufgerechnet werden würde, müssten tierische Erzeugnisse teurer werden. Der Preisunterschied zwischen konventionell und biologisch hergestellten Produkten würde hingegen geringer werden.

Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft können durch Tierhaltung, Regenwaldrodung oder einen Überaustrag an Stickstoffdünger produziert werden. Die entstehenden Umweltkosten trägt die Allgemeinheit.

Dabei ist die Landwirtschaft aber nicht nur Treiber der Klimakrise. Sie ist gleichzeitig so stark wie kein anderer Wirtschaftssektor von dieser Krise betroffen. Für den primären lebensnotwendigen Sektor bergen Umweltschutzmaßnahmen somit viele weitere positive Effekte und sind im Sinne von mindestens 7 der 17 UN-Sustainable Development Goals (kein Hunger; Gesundheit und Wohlergehen; sauberes Wasser; Menschenwürde, Arbeit und Wirtschaftswachstum; nachhaltige/r Konsum und Produktion; Klimaschutz; Leben an Land).

Köpfe des Wandels

Maximilian Pieper studiert derzeit an der TU München im Master "Politics & Technology". Sein interdisziplinärer Forschungsschwerpunkt liegt auf den (technik-) soziologischen und wirtschaftspolitischen Aspekten nachhaltigen Handelns von Individuen und Gesellschaft. In der Forschungsgruppe "Markets for Mankind" arbeitete er zuletzt an der Quantifizierung und Monetarisierung von externen Klimaeffekten in der landwirtschaftlichen Produktion.

Was kostet die Umwelt?

Unsere Forschungsgruppe „Markets for Mankind“ (bestehend aus Amelie Michalke, Tobias Gaugler und mir) hat in einer Studie die externen Kosten der deutschen Landwirtschaft in Bezug auf Treibhausgase berechnet. Dabei haben wir ökologische und konventionelle Produktion für die Kategorien „pflanzlich“, „tierisch“ und „Milch“ als eigene Kategorie (wegen der hohen erzeugten Menge) miteinander verglichen.

Pflanzliche Produkte schneiden insgesamt am besten ab. Hier belaufen sich die Schadkosten auf 0,04 Euro pro Kilogramm (€/kg) bei konventioneller und 0,02€/kg bei ökologischer Herstellung. Der Preis für pflanzliche Produkte würde sich also kaum ändern.

Sowohl ökologisch als auch konventionell produzierte tierische Produkte verursachen hingegen Schadkosten in Höhe von 2,41 Euro pro Kilogramm €/kg. Der Produzentenpreis tierischer Produkte müsste demnach um 146% für konventiolle und 71% für biologische Produkte ansteigen. Die Schadkosten fallen aufgrund der generell höheren Kosten von Bio-Produkten bei ebendiesen weniger ins Gewicht. Berechnungen für den Kosumentenpreis wurden nicht angestellt.

In Bezug auf den Klimawandel ist es also etwa 68,5 mal schlechter zum tierischen statt zum pflanzlichen Produkt zu greifen.

Bei der Produktion von Milch entstehen Schadkosten von 0,24€/kg bei konventioneller und 0,19€/kg bei ökologischer Herstellung. Der Produzentenpreis müsste also um 91% (konventionell) bzw. 40% (ökologisch) ansteigen.

Handlungsspielräume nutzen

Würden die Schadkosten als Umweltsteuer in die Lebensmittelpreise integriert werden, würde dies zum einen das Konsumverhalten des Einzelnen positiv beeinflussen. Zum anderen würden die generierten Steuereinnahmen indikativ für die Höhe notwendiger staatlicher Investitionen sein. Diese müssten darauf abzielen, dass die Umweltkosten gar nicht erst entstehen, beispielsweise durch Subventionierung der Landwirtschaft bei der Umstellung auf ökologischen Anbau, auf Nutztierarme/-freie Landwirtschaft, oder auch auf digitale und somit präzisere Düngeverfahren.

Eine Verringerung der Umweltschadkosten in der Landwirtschaft – natürlich auch in allen anderen Gesellschaftsbereichen – würde dem Gemeinwohl dienen und gleichzeitig ökonomisch sinnvoll sein. Umweltschadkosten zu reduzieren bedeutet, Ressourcen zu schonen, nachhaltig zu wirtschaften und somit die Nahrungsversorgung zukünftiger Generationen zu sichern. Die Integration der landwirtschaftlichen Umweltschadkosten in die Lebensmittelpreise kann somit einen wichtigen Baustein für den Weg in die Bioökonomie darstellen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​