Wie beschleunigte Elektronen Bakterien in Schwung bringen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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01.07.2020

Wie beschleunigte Elektronen Bakterien in Schwung bringen

Kurz & Knapp
  • Beschleunigte Elektronen werden zur Behandlung von durchmischten Flüssigkeiten eingesetzt.
  • Bakterien sollen durch eine niedrige Dosierung von beschleunigten Elektronen stimuliert werden.
  • Biotechnologische Prozesse können mit Hilfe der Technologie effizient und nachhaltig gestaltet werden.

Beschleunigte Elektronen werden bereits als vielseitiges Werkzeug genutzt

Ein Beitrag von Dr. Simone Schopf, Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP

Die Eindringtiefe von beschleunigten Elektronen in verschiedene Medien kann präzise eingestellt und so gezielt Wirkungen hervorgerufen werden. Am Fraunhofer FEP in Dresden wurden beschleunigte Elektronen bereits als vielseitiges Werkzeug genutzt, um Oberflächen zu sterilisieren, zu reinigen oder langfristig zu modifizieren.

Dieser Erfahrungshintergrund wurde auch dazu genutzt, um kleine Flüssigkeitsmengen in dünnen Filmen effektiv mit Elektronen zu behandeln. Der Grundgedanke dabei war, Erreger in flüssigen Medien schonend zu inaktivieren, um Impfstoffe effizienter und mit höherer Wirksamkeit als bisher herzustellen. Die Funktionalität des Prinzips konnte nachgewiesen werden, so dass aktuell mehr als ein Liter Flüssigkeit pro Stunde behandelt werden kann.

Köpfe des Wandels

Dr. Simone Schopf studierte Mikrobiologie an der Universität Regensburg. Während der PostDoc-Phase beschäftigte sie sich mit säureliebenden Bakterien und deren Einsatz bei der biotechnologischen (Rück)-Gewinnung von Wertelementen. Seit 2019 ist sie am Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden tätig. Dort leitet sie die Arbeitsgruppe für Biotechnologische Prozesse.

Ein innovativer Ansatz zur Flüssigkeitsbehandlung

Für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem sind innovative Technologien, die biotechnologische Prozesse effizienter gestalten, von tragender Bedeutung. Daher entwickeln wir am Fraunhofer FEP derzeit eine neuartige, hybride Technologie, die Elektronenstrahlprozesse mit Ansätzen aus der Biotechnologie bündelt und so die unmittelbare Behandlung von durchmischten Flüssigkeiten mit Elektronen ermöglichen soll.

Ziel ist es, beschleunigte Elektronen für biotechnologische Prozesse nutzbar zu machen. Das Ergebnis des Vorhabens soll eine innovative und anschlussfähige Plattformtechnologie zur preiswerten Behandlung von Flüssigkeiten mit Elektronen für diverse biotechnologische Verfahren sein.

Getestet wurde das Prinzip bereits erfolgreich im Milliliter-Maßstab. Nun soll die Technologie auf den Labormaßstab hochskaliert werden. Die Anwendung beschränkt sich nicht allein auf die Herstellung von Impfstoffen. Auch Recyclingprozesse zur Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abfallströmen oder Verfahren zur Verbesserung der Wasserqualität können damit adressiert werden.

Effizientere Biotechnologische Prozesse und Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen

Von den zahlreichen Wirkungen, die wir mit beschleunigte Elektronen erzielen können, ist für uns eine besonders erwähnenswert: Die Stimulation von Bakterien und damit die Beschleunigung biotechnologischer Prozesse durch eine niedrige Dosierung von beschleunigten Elektronen. Gelingt es, dadurch eine positive Wirkung auf mikrobiologische Prozesse zu erzielen, so ergibt sich daraus eine Win-Win-Situation: Durch verbesserte innovative Verfahren können wir zu einer effizienten bio-basierten Wirtschaft beitragen und dabei gleichzeitig den Ressourceneinsatz bei biotechnologischen Produktionsprozessen senken.

Strahlenbelastete Ökosystemen verstehen

Neben dem bioökonomischen Nutzen kann die hybride Technologie zur Behandlung von durchmischten Flüssigkeiten mit Elektronen dazu beitragen, neues Wissen zu generieren. Wir streben damit an, Aussagen über die Auswirkungen von Elektronenstrahlung auf Bakterienpopulationen zugänglich zu machen, einschließlich der Veränderungen auf molekularer Ebene nach und während einer signifikanten Strahlen-Exposition. Damit kann die Auswirkung einer unbeabsichtigten Freisetzung von Strahlung auf wichtige Ökosystemprozesse und Stoffkreisläufe abgeleitet werden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​