Zielkonflikte zwischen Bioökonomie, Biodiversität und Ernährungssicherung - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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14.01.2021

Zielkonflikte zwischen Bioökonomie, Biodiversität und Ernährungssicherung

Kurz & Knapp
  • Eine effiziente Bewirtschaftung und optimierte Landnutzung können dazu beitragen, die steigende Nachfrage nach Biomasse zu bedienen.
  • Zielkonflikte zwischen Nahrungsproduktion, die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen für die Bioökonomie und Biodiversität müssen identifiziert und vermieden werden.
  • Dafür ist integrative Forschung notwendig.

Zielkonflikte zwischen Bioökonomie, Biodiversität und Ernährungssicherung

Ein Beitrag von Florian Zabel und Julia Schneider, LMU München

Bereits heute werden 38% der Landoberfläche für die landwirtschafte Produktion genutzt. Aufgrund steigender Weltbevölkerung und sich ändernder Ernährungsgewohnheiten und Lebensstile geht man davon aus, dass sich die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Rohstoffen bis 2050 in etwa verdoppeln wird. Ein Ziel der Bioökonomie ist es, unsere Wirtschaftsweise in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu überführen, in der fossile Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe aus Biomasse ersetzt werden. Dadurch wird sich die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Rohstoffen weiter erhöhen.

Eine wichtige Fragestellung lautet deshalb, wie man diese steigende Nachfrage sozial und ökologisch nachhaltig bedienen kann.

Köpfe des Wandels

Julia Schneider ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department für Geographie an der LMU München und in den vom BMBF geförderten Projekten BioNex und BioSDG tätig. In ihrer Promotion arbeitet sie an der interdisziplinären Schnittstelle zwischen landwirtschaftlicher und ökonomischer Modellierung zur integrativen Erforschung von Landnutzungsänderungen und entstehen Zielkonflikten auf globaler Ebene.

Florian Zabel ist habilitierter Wissenschaftler am Department für Geographie an der LMU München. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Modellierung der globalen Landwirtschaft, Auswirkungen des Klimawandels, Anpassungsmöglichkeiten im globalen Ernährungssystem, integrativen Landnutzungsänderungen und Biodiversitätskonflikte. Er leitet und koordiniert die vom BMBF finanzierten LMU-Teilprojekte BioNex und BioSDG in Zusammenarbeit mit dem Kieler Institut für Weltwirtschaft und dem Thünen-Institut für internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie.

Biomassepotentiale

Dafür untersuchen wir globale Biomassepotentiale, indem wir das Wachstum von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, die für die Welternährung und die Bioökonomie relevant sind, computergestützt simulieren. Daraus erfahren wir, wo welche Pflanze wie gut wächst und wo die heutigen landwirtschaftlichen Erträge durch Intensivierung noch gesteigert werden könnten. Dabei berücksichtigen wir auch den Einfluss des Klimawandels auf das Pflanzenwachstum und können mögliche Anpassungsmaßnahmen und deren Effekte auf die Biomasseproduktion simulieren.

Landnutzungsänderungen

Auf Grundlage der simulierten Biomassepotentiale erforschen wir, wie Land noch effizienter genutzt werden könnte, z.B. indem man die Anbaufrüchte anders auf der Fläche verteilt. Dafür ist es wichtig, die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen, wie Preise, Nachfrage und globalen Handel, zu berücksichtigen. Durch die Optimierung der Landnutzung ist es beispielsweise möglich, die Profitabilität der Landwirtschaft zu maximieren und gleichzeitig die benötigte Anbaufläche zu reduzieren. Die eingesparte Fläche könnten z.B. für Aufforstung, Ökosysteme und Biodiversität genutzt werden, oder für die Ausweitung der Produktion von Biomasse für die Bioökonomie.

Die Simulation von Landnutzungsänderungen ermöglicht uns zu erkennen, wann und wo eine erhöhte Nachfrage an Biomasse zu landwirtschaftlicher Expansion, auch in anderen Regionen der Welt, führen kann. So können wir identifizieren, wo Ökosysteme und Biodiversität durch die Bioökonomie potentiell bedroht sind und Flächen deshalb geschützt werden sollten. Unsere bisherigen Studien haben gezeigt, dass durch die steigende Nachfrage besonders die Biodiversität in den Tropen gefährdet ist.

Herausforderungen

Die Herausforderung der Bioökonomie ist es, eine Transformation hin zu einer klimaneutralen und hinsichtlich des Klimawandels resilienten Wirtschaftsweise unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Um wirtschaftliche Wachstumsimpulse durch die Bioökonomie zu setzen, ist es wichtig, natürlichen Ressourcen nachhaltig und effizient zu nutzen, Ökosysteme und Biodiversität zu schützen und gleichzeitig die Welternährung zu sichern.

Ein wichtiger Baustein zur Bewältigung dieser Herausforderung ist eine fachübergreifende wissenschaftliche Zusammenarbeit, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Ökonomie und Umwelt zu verstehen und die Transformation hin zur Bioökonomie nachhaltig zu gestalten.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​