Pflanzenwelt gezielter nach Wirkstoffen durchforsten - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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22.05.2020

Pflanzenwelt gezielter nach Wirkstoffen durchforsten

Kurz & Knapp
  • Die Biodiversität der Pflanzen auf der Erde birgt eine Vielzahl an potenziellen Wirkstoffen für die Medizin. Nur ein Bruchteil davon ist bereits beschrieben.
  • Ein Forscherteam aus Leipzig hat eine digitale Ressource für die Suche nach pflanzlichen Wirkstoffen entwickelt, die gegen Infektionserreger wirken.
  • Das Analysewerkzeug vereint Daten zur Herkunft, Verwandtschaft und Inhaltsstoffen von Pflanzenarten und erlaubt Vorhersagen zum Aufspüren von Regionen mit Heilpflanzen in hoher Dichte.

Heilpflanzen gezielter aufspüren

Ein Biodiversitätsforscherteam aus Leipzig und Halle hat eine Datenbank aufgebaut, mit der sich die Pflanzenvielfalt der Erde gezielter nach neuen Wirkstoffen absuchen lässt. Damit wird die Erschließung neuer Heilpflanzen erheblich erleichtert.

In der Medizin werden die Heilkräfte der Naturstoffe seit jeher genutzt, um Krankheiten zu heilen und Schmerzen zu lindern. Heute enthalten etwa 70 Prozent aller Antibiotika Substanzen, die einen natürlichen Ursprung haben. Doch das Potenzial der Naturstoffe ist längst nicht ausgeschöpft. So sind nur etwa 10 Prozent aller Gefäßpflanzen nach geeigneten Wirkstoffen durchsucht. Weltweit sind zurzeit etwa 250.000 chemische Strukturen von pflanzlichen Substanzen, sogenannte Sekundärmetaboliten, in wissenschaftlichen Datenbanken gespeichert; die Gesamtanzahl schätzt man auf 500.000.

Forschende der Universität Leipzig (UL), des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) haben nun einen Weg gefunden, die globale Pflanzenvielfalt als Quelle von Wirkstoffen leichter zu durchsuchen.

Inhaltsstoffe gezielter identifizieren

Im Rahmen des vom Bundesforschungsministeriums geförderten Projektes BIOHEALTH erstellte das Team eine Datenbank, die erstmals das gesamte Wissen zu Heilpflanzen und ihren Wirkstoffen am Beispiel des Pflanzenbestandes der indonesischen Insel Java bündelt.

Anhand der gesammelten Informationen ist nun eine gezielte Analyse der Pflanzen nach Verwandtschaft, Verbreitung und Inhaltsstoffen möglich. Um wirkstoffreiche Pflanzengruppen besser eingrenzen zu können, wurden genetische Daten und die Metaboliten-Daten analytisch vereint. „Mithilfe dieser Information lassen sich Pflanzengruppen, die wahrscheinlich anti-infektive Inhaltsstoffe besitzen, bisher aber noch nicht daraufhin untersucht wurden, gezielter identifizieren“, erklärt Jan Schnitzler von der Universität Leipzig.

Wirkstoffreiche Regionen eingrenzen

Aber auch Pflanzen, über deren Wirkstoffe bisher wenig bekannt ist, listet die die Datenbank auf. Von den insgesamt rund 7.500 erfassten Pflanzenarten, konnten 16.500 Substanzen Metaboliten zugeordnet werden, darunter knapp 2.900, von denen einen anti-infektive Wirkung bekannt ist. Diese potenziellen Wirkstoffe wurden jedoch nur von 1.600 der erfassten Pflanzenarten produziert.

Damit zeigt die Studie, dass bioaktive Wirkstoffe nicht von allen Pflanzenarten gleichermaßen gebildet werden. Anhand der Datenanalyse lassen sich aber auch wirkstoffreiche Regionen eingrenzen. Demnach sind neue Wirkstoffe eher in Gebieten mit hoher Artenvielfalt zu finden, als in landwirtschaftlich genutzten Gegenden. Die Datenanalyse kann auf andere Regionen oder Wirkstoffgruppen übertragen werden.