Wie akzeptiert ist die Genom-Editierung? - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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03.08.2021

Wie akzeptiert ist die Genom-Editierung?

Kurz & Knapp
  • Mittels Genom-Editierung kann Erbsubstanz DNA sehr präzise und zielgerichtet verändert werden – anders als bei der klassischen Gentechnik.
  • Der Einsatz von Genscheren wie CRISPR-Cas hat die biomedizinische Forschung und die Agrarforschung revolutioniert, doch wie blicken Bürgerinnen und Bürger auf diese Entwicklung?
  • Etwa die Hälfte der 3.700 Befragten steht in einer Studie Göttinger Forschender der Technologie positiv gegenüber, ein Viertel lehnt sie klar ab. Am ehesten werden medizinische Anwendungen befürwortet, die meiste Ablehnung findet die Leistungsoptimierung von Nutztieren.

Zustimmung überwiegt in der Bevölkerung

Die Akzeptanz der Genom-Editierung unterscheidet sich von Land zu Land und vor allem von Anwendungsfall zu Anwendungsfall – vielleicht auch, weil häufig das Wissen fehlt, was genau sich dahinter eigentlich verbirgt. Eine große Umfrage eines Forschungsteams der Universität Göttingen und der University of British Columbia in Vancouver beleuchtet nun die Haltung der Menschen zu dieser Technologie, unter anderem in Deutschland.

Die Genschere CRISPR-Cas9 ist ein bahnbrechendes Werkzeug der Molekularbiologie. Seit der Entwicklung der Methode vor rund zehn Jahren sind die Möglichkeiten regelrecht explodiert, von der Medizin bis zur Pflanzenzüchtung. Welche dieser Einsatzmöglichkeiten jedoch gesellschaftlich akzeptiert sind, wurde bisher wenig untersucht.

Jetzt gibt es dazu Daten aus dem Jahr 2019. Ein deutsch-kanadisches Forschungsteam hat rund 3.700 Menschen aus fünf Ländern befragt und die Auswertung nun veröffentlicht. Grundsätzlich empfinden demnach 24 Prozent starke Risiken und lehnen die Technologie ab, unabhängig von möglichen Vorteilen. 26 Prozent bzw. 21 Prozent begrüßen die Methode generell oder stark, 29 Prozent haben keine klare Position.

Einsatz gegen Krankheiten eher akzeptiert

Fünf mögliche Szenarien wurden in der Studie untersucht: Die Erzeugung einer Krankheitsresistenz bei Mensch, Tier bzw. Pflanze sowie die Veränderung der Fleischqualität bzw. -quantität vom Rind. „Wir konnten beobachten, dass der Zweck der Genänderung eine große Rolle für die Bewertung spielt“, berichtet die Erstautorin der Studie, Gesa Busch von der Universität Göttingen. „Wird die Technologie eingesetzt, um Tiere resistent gegen Krankheiten zu machen, ist die Zustimmung größer, als wenn die Technologie eingesetzt wird, um Leistung der Tiere zu erhöhen.“

Auch regionale Unterschiede fand die Studie: Tendenziell war die Ablehnung der Genom-Editierung in Deutschland und Österreich größer als in Kanada. In den USA und Italien zeigten die Befragten eine positivere Haltung.

Jede zweite Person fühlt sich nicht informiert

In Deutschland fand der hypothetische Einsatz der Technologie für eine HIV-Resistenz beim Menschen im Mittel eine leichte Zustimmung, gefolgt von der Mehltau-Resistenz bei Weizen. Nur noch knapp fällt die mittlere Zustimmung für eine bestimmte Krankheitsresistenz bei Schweinen aus. Kühe mit allergenfreier Milch wurden ähnlich befürwortet wie abgelehnt, während erhöhtes Muskelwachstum bei Rindern im Mittel leicht negativ bewertet wurde.

Die Befragung förderte ebenfalls zutage, dass Gentechnik zwar den meisten Personen ein Begriff ist, weniger als die Hälfte der Menschen jedoch eine Vorstellung hat, was Genom-Editierung bedeutet. Die Hälfte der befragten Personen bewertete ihr eigenes Wissen zu klassischer Gentechnik wie zu Genom-Editierung als unterdurchschnittlich oder sogar sehr gering. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Agriculture and Human Values“ erschienen.