Bioökonomische Entbitterung von Rapsprotein - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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04.11.2021

Bioökonomische Entbitterung von Rapsprotein

Kurz & Knapp
  • Ein neues Enzym ermöglicht den gezielten Abbau von Bitterstoffen in Raps.
  • Das bioökonomische Verfahren benötigt weder Chemikalien noch Energiezufuhr.
  • Raps wird als neue Proteinquelle für die Ernährung des Menschen verfügbar.

Bioökonomische Entbitterung von Rapsprotein

Ein Beitrag von Prof. Dr. Ralf G. Berger, Institut für Lebensmittelchemie der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

In Deutschland in großen Volumina erzeugtes Rapsprotein aus der Rapsölproduktion ist zu bitter für den menschlichen Genuss. Ein neues enzymatisches Verfahren ermöglicht den gezielten Abbau des enthaltenen Bitterstoffs, ohne die sonstige chemische Zusammensetzung des Proteins zu verändern. Damit wird die Transformation eines Futtermittels in ein Lebensmittel möglich.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Ralf G. Berger absolvierte ein Studium der Lebensmittelchemie und –technologie an der Universität Stuttgart, der TU München und der University of California/Davis. Er leitet das Institut für Lebensmittelchemie an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover und forscht dort über den Metabolismus und die Molekularbiologie von höheren Pilzen, Enzymtechnologie, Aromastoffe, Farbstoffe und sonstige Wirkstoffe für die Anwendung in der Lebensmittelproduktion.

Die leuchtend gelben Rapsfelder sind im Sommer ein vertrauter Anblick. In Deutschland werden auf über einer Million Hektar Anbaufläche mehr als fünf Millionen Tonnen Rapssaat geerntet, heute unsere dominierende Ölpflanze. Durch Auspressen von Rapssaat wird Rapsöl gewonnen und zu Speiseöl und Margarine, aber auch zu Biokraftstoff verarbeitet. Als großvolumiges Koppelprodukt verbleibt ein proteinreicher Presskuchen, der im Wesentlichen als Futtermittel dient. In der heraufziehenden Proteinversorgungskrise ist bedauerlich, dass Rapsproteinisolate für den menschlichen Genuss zu bitter sind; die Bitterstoffe lassen sich weder durch Erhitzen noch durch Behandeln mit Lösemitteln ausreichend entfernen, und alternative Proteinquellen wie Insekten oder Algen stoßen nicht überall auf begeisterte Akzeptanz durch Verbraucherinnen und Verbraucher.

In vorausgegangenen, BMBF geförderten Verbundprojekten sind am Institut für Lebensmittelchemie viele Enzyme (reaktionsbeschleunigende Proteine) aus höheren Pilzen wie z. B. dem Austernseitling charakterisiert und rekombinant produziert worden. Diese Pilze bilden eine besonders bemerkenswerte Enzymklasse, die Ferulasäureesterasen, die in der Natur am Abbau von Holz beteiligt sind.

Nachdem der Schlüsselbitterstoff des Rapsproteins 2019 von der Hofmann-Gruppe (TU München) als Kaempferol 3-O-(2´´´-O-sinapoyl-β-sophorosid) identifiziert wurde, ist damit begonnen worden, die Möglichkeit eines selektiven Abbaus des Bitterstoffs durch Ferulasäureesterasen zu untersuchen. Dazu sind bitterstoffhaltige Extrakte aus Rapsprotein mit einer Reihe von Ferulasäureesterasen behandelt und mit unbehandelten Extrakten verglichen worden. Massenspektrometrische Untersuchungen der unbehandelten Extrakte ergaben drei Signale für Inhaltsstoffe mit der erwarteten Masse, mit dem gesuchten Bitterstoff als mengenmäßig dominierender Komponente. Der erwünschte Abbau gelang durch die Nutzung einer Sinapylester spaltenden Esterase aus Schizophyllum commune, dem Gemeinen Spaltblättling. Dieser Pilz, ein Verwandter des Champignons, kommt in deutschen Wäldern recht verbreitet vor. Für die technische Nutzung wird das enzymcodierende Gen in eine Hefezelle eingeführt, die daraufhin große Mengen des benötigten Enzyms produziert. Im Ergebnis transformiert die Enzymbehandlung unter milden Bedingungen und ohne jede weitere Hilfsstoffe ein Futtermittel in ein Lebensmittel und ermöglicht (vergleichbar den Erbsen- oder Lupinenproteinen) dessen Einarbeitung in pflanzenbasierte Lebensmittel.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​