Fit für den Klimawandel dank Wildpflanzen und Genomsequenzen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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19.11.2021

Fit für den Klimawandel dank Wildpflanzen und Genomsequenzen

Kurz & Knapp
  • Die genetische Vielfalt von Wildpflanzen trägt dazu bei, unsere Kulturpflanzen fit für den Klimawandel zu machen.
  • Die Entschlüsselung der Pflanzengenome hilft bei der Suche nach neuen Genen zur Stärkung der Abwehr von umweltbedingtem Klimastress.
  • Die Pflanzenzüchtung nutzt die genetische Vielfalt und Genomsequenzen, um klimaangepasste Pflanzensorten für die Bioökonomie der Zukunft zu selektieren.

Bioökonomie und Klimawandel

Ein Beitrag von Klaus Pillen, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

In der Bioökonomie hängen Produktion und Ertrag unserer Nutzpflanzen stark von täglichen und saisonalen Umweltschwankungen in Bezug auf Wasser-, Temperatur- und Nährstoffversorgung ab. Dieser Umweltstress, der durch den Klimawandel noch verschärft wird, stellt ein zunehmendes Problem für die nachhaltige Pflanzenproduktion dar. Die Herausforderung für die Bioökonomie besteht heute darin, den Ertrag und die Qualität der Pflanzen zu erhöhen, indem sie Pflanzenverluste aufgrund von Umweltstress begrenzen. Darüber hinaus bedrohen Probleme wie die Notwendigkeit, die Stickstoffdüngung zu reduzieren, die künftige Pflanzenproduktion.

 

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Klaus Pillen ist promovierter Pflanzenwissenschaftler. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften und der Promotion im Fach Molekularbiologie forschte er für 3 Jahre als Post-doc an der Cornell-University, USA. Anschließend wirkte er an der Universität Bonn und habilitierte sich dort im Fach Pflanzenzüchtung bevor er die unabhängigen Arbeitsgruppe Gerstengenetik am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln führte. Seit 2008 leitet Prof. Pillen die Professur für Pflanzenzüchtung an der Universität Halle. Er fungierte 8 Jahre als Co-Sprecher des WissenschaftsCampus Halle – Pflanzenbasierte Bioökonomie. Seine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der quantitativen Genetik und molekularen Aufklärung von Genfunktionen unter Nutzung der genetischen Vielfalt bei Gerste und Weizen.

Bioökonomie, genetische Vielfalt und Genomsequenzen

Die Reaktionen der Pflanzen auf die äußere Umwelt werden durch genetische Schaltkreise vermittelt. Dabei wirken die Schaltkreise auf die Entwicklung, Architektur und Leistungsfähigkeit der Pflanzen. Die genetische Vielfalt der Wildpflanzen führte während der Evolution zu einer natürlichen Selektion von Genen und Signalwegen, die es der Art ermöglichte, sich an ein breites Spektrum von Umwelten anzupassen, welche sich vom Polarkreis bis zu den Grenzen der Wüste erstrecken können. Während die Funktion von einigen Gennetzwerken, die den Anpassungsreaktionen zugrunde liegen, bereits in Modellarten weitgehend aufgeklärt wurden, z. B. die Steuerung der Blütezeit, sind die meisten Genfunktionen nach wie vor noch unzureichend verstanden. Dank der Verfügbarkeit vollständiger Genomsequenzen können die genetischen Netzwerke der umweltbedingten Stressreaktion nun direkt bei Nutzpflanzenarten untersucht werden. Dies wird der Bioökonomie zukünftig helfen, den Zusammenhang zwischen Stressreaktionen und Pflanzenertrag besser zu verstehen und zu steuern.

Bioökonomie und Pflanzenzüchtung

Die moderne, genombasierte Pflanzenzüchtung verfolgt das Ziel, die Komponenten der umweltbedingten Stressreaktion sowie die Gene und Netzwerke, die für die Widerstandsfähigkeit erforderlich sind, mit Hilfe der neuerdings vorhandenen Genomsequenz aufzuklären. Dazu wurden hochgradig diverse Wild- und Mutantenpopulation, welche die für die Stresstoleranz erforderlichen Gene enthalten, erzeugt und deren Genome sequenziert. Diese Populationen werden parallel auf Phänotypisierungsplattformen eingehend charakterisiert, um solche Gene aufzufinden, die mit einer erhöhten Stresstoleranz verbunden sind. Die Informationen über genetische Vielfalt, Genregulation und Gennetzwerke werden alsdann zusammengeführt, um Mechanismen aufzudecken und genetische Modelle zu entwickeln, welche die Leistung der Kulturpflanze während des Wachstums unter umweltbedingtem Stress, z.B. Trockenheit, Hitze und verringerte Stickstoffzufuhr, zu verbessern. Die Pflanzenzüchtung nutzt schließlich das untersuchte Genmaterial und das daraus abgeleitete Wissen, um neue Zuchtsorten zu selektieren, welche besser an künftige Klimaszenarien angepasst sind. Diese klimaangepassten Pflanzensorten bilden die Basis für die nachhaltige Produktion von stresstoleranten Pflanzen in der Bioökonomie.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

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