Genom-basierte Selektion für mehr Zuchtfortschritt - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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08.12.2021

Genom-basierte Selektion für mehr Zuchtfortschritt

Kurz & Knapp
  • Züchtung kombiniert Produktivität und Nachhaltigkeit
  • Genom-basierte Selektion beschleunigt Zuchtfortschritt

Produktivität und Nachhaltigkeit vereinbaren

Ein Beitrag von Chris-Carolin Schön, Technische Universität München

Die verlässliche Bereitstellung pflanzlicher Rohstoffe ist eine zentrale Zukunftsaufgabe der Bioökonomie. Die enormen Steigerungen der pflanzlichen Erträge in der Vergangenheit sind maßgeblich auf verbesserte Sorten zurückzuführen. Das wohl eindrücklichste Beispiel hierfür ist der züchterische Erfolg der „Grünen Revolution“, die in der Mitte des letzten Jahrhunderts begann. Durch Einkreuzen von genetischen Ressourcen konnte bei Weizen, Reis und Mais die Produktivität um ein Vielfaches gesteigert werden. In Kombination mit optimiertem Management wurden so in vielen Regionen der Welt Millionen von Menschen vor dem Hungertod bewahrt.

Eine zukunftsfähige pflanzliche Produktion muss neben dem Ertrag auch weitere Aspekte berücksichtigen. Dies umfasst den Schutz natürlicher Ressourcen ebenso wie die Anpassung an den Klimawandel und an ein sich stets wandelndes Spektrum von Krankheitserregern. In einer Sorte müssen somit viele verschiedene Merkmale kombiniert werden. Je größer die Zahl der Merkmale, umso schwieriger ist es, in einer Sorte alle positiven Eigenschaften zusammenzuführen. Die gleichzeitige Verbesserung von verschiedenen Merkmalen wird somit zu einem hochdimensionalen Optimierungsproblem, das eine Gewichtung der jeweiligen Zuchtziele erfordert.

 

Köpfe des Wandels

Prof. Chris-Carolin Schön hat Agrarwissenschaften studiert. Sie forscht zur Optimierung von Züchtungsstrategien für genetische Verbesserung komplexer Merkmale. Dabei stehen die Charakterisierung der nativen Biodiversität und die Identifikation ihrer funktionellen Eigenschaften im Mittelpunkt. Prof. Schön ist Ordinaria an der Technischen Universität München, Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.

Genom-basiert selektieren

Die Beurteilung von Hunderttausenden von Pflanzen im Feld ist sehr aufwändig und wird in den letzten Jahren zunehmend um die genom-basierte Selektion ergänzt. Dabei werden von möglichst vielen Selektionskandidaten die DNA-Profile abgelesen und mit experimentell ermittelten Merkmalswerten für Ertrag, Trockenstresstoleranz oder Krankheitsresistenz verknüpft. Mit diesen Daten trainiert man komplexe statistische Modelle auf der Basis eigens dafür entwickelter Algorithmen, ähnlich den Algorithmen des maschinellen Lernens. Auf diese Weise können für Kandidaten, von denen nur DNA-Profile vorliegen, Vorhersagen über die jeweilige Merkmalsausprägung getroffen werden. Bei ausreichender Datenlage kann eine sehr hohe Genauigkeit erzielt werden.

Da die Selektion an einer großen Anzahl von Kandidaten und in einem frühen Entwicklungsstadium vorgenommen wird, kann sie sehr viel effizienter als die Selektion im Feld sein. Dazu kommt, dass in diesem „speed breeding“ parallel auf mehrere Merkmale selektiert werden kann, und die Selektionskandidaten unabhängig von äußeren Umweltfaktoren beurteilt werden.

Bioökonomie fördern

Um die genetische Verbesserung unserer Kulturarten möglichst effizient zu gestalten, werden die in der Pflanzenzüchtung eingesetzten Methoden fortlaufend weiterentwickelt. Für immer mehr Kulturarten werden Referenzgenome erstellt. Die resultierende Information wird benötigt, um für die jeweilige Art einen sogenannten Chip zu erstellen, der im Hochdurchsatz DNA-Profile ablesen kann. Auch wird intensiv daran gearbeitet, die genom-basierte Selektion für die Charakterisierung und Nutzung genetischer Ressourcen einzusetzen. Für viele Kulturarten gibt es in Genbanken umfangreiche Sammlungen von Diversität, die teilweise auch molekular charakterisiert sind. Genom-basierte Verfahren haben das Potenzial, die Nutzung dieser Ressourcen für die Züchtung zu erschließen, um im Sinne einer nachhaltigen Bioökonomie die genetische Basis unserer Kulturarten zu erweitern.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

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