Neuer Blick auf das Innenleben im Regenwurm - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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06.07.2021

Neuer Blick auf das Innenleben im Regenwurm

Kurz & Knapp
  • Regenwürmer haben eine wichtige Funktion im Boden. Welche Rolle dabei deren mikrobielle Mitbewohner spielen, konnte bislang nicht gut erforscht werden.
  • Ein neues Verfahren, das zwei moderne Bildgebungsmethoden kombiniert, ermöglicht nun, Stoffwechselprodukte mikrometergenau zu lokalisieren und die Interaktion von Wurm und Mikroben sichtbar zu machen.
  • Das Verfahren ist nicht auf Regenwürmer beschränkt und ermöglicht so das Studium weiterer Tier-Mikroben-Symbiosen, etwa bei Insekten und Korallen.

Wechselwirkungen von Tieren und Mitbewohnern verstehen

Das Zusammenleben zwischen Lebewesen und den sie besiedelnden Mikroorganismen ist ein spannendes Forschungsfeld, dessen enorme Bedeutung immer klarer wird – vom menschlichen Mikrobiom bis zu den Symbionten und Parasiten der Regenwürmer. Ein neues Verfahren ermöglicht nun, die Symbiosen in Kleintieren wie letzterem besser zu verstehen.

Regenwürmer sind im Boden allgegenwärtig und erfüllen eine wichtige Funktion für dessen Gesundheit. Trotzdem ist über den Regenwurm vieles unbekannt, beispielsweise was sich biochemisch in seinem Inneren abspielt: Der Wurm ist häufig besiedelt von symbiontischen oder parasitischen Organismen. Aufgrund der Größenverhältnisse war eine Studie dieser Interaktionen bislang schwierig.

Eine am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie entwickelte Methode ändert dies nun. Chemo-Histotomografie – kurz: CHEMHIST – nennt sich das Verfahren, das zwei moderne Bildgebungsverfahren kombiniert: Mikro-Computertomografie und MALDI-Massenspektrometrie. Erste erzeugt aus vielen Röntgenbildern ein 3D-Bild des Gewebes. Letzte visualisiert mikrometergenau die Verteilung von Stoffwechselprodukten.

3D-Atlas der metabolischen Wechselwirkungen

„Dieser Fortschritt ermöglichte es uns, einen Regenwurm aus der Umwelt zu nehmen und einen 3D-Atlas seiner chemischen und physikalischen Wechselwirkungen mit Mikroorganismen zu erstellen, die natürlich in seinem Gewebe vorkommen“, stellt Manuel Liebeke, Leiter der Forschungsgruppe Metabolische Interaktion, das Potenzial heraus. Die Auflösung sei dabei um ein bis zwei Größenordnungen genauer als bisherige Verfahren. Zuvor war oft unklar geblieben, ob ein bestimmtes Stoffwechselprodukt vom Wurm oder von einem Symbionten oder Parasiten erzeugt worden ist.

Das Team erhofft sich nun ein besseres Verständnis davon, wie sich der Regenwurm gegen Parasiten wehrt, mit welchen Methoden diese wiederum versuchen, das Immunsystem auszutricksen, oder wie Symbiosepartner voneinander profitieren können.

Tier-Mikrobiom-Studien für die Symbioseforschung

Besonders auf die Symbiosen blickt das Forschungsteam mit Spannung. So ist bekannt, dass die Effekte einer Symbiose sich oft nicht auf das Gewebe beschränken, in dem der Symbiont leben. Bekanntes Beispiel dafür sind Darmbakterien, deren Signalstoffe letztlich das Gehirn des Wirts erreichen und dort Reaktionen bewirken.

„Wichtig zu erwähnen ist hierbei auch, dass uns nicht nur die Biologie des Regenwurms interessiert“, betont Liebeke. „Eines unserer Hauptziele war es, CHEMHIST auch auf Tiere anwendbar zu machen, die direkt ihrem natürlichen Lebensraum entnommen wurden und essenziell für die Symbioseforschung sind.“ Das erleichtere es nun, weitere Tiere, für die Symbiosen typisch sind, zu studieren, insbesondere Insekten und Korallen.