Chance für unsere Städte: Urbane Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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21.07.2021

Chance für unsere Städte: Urbane Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Urbane Bioökonomie zeigt uns einen respektvollen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen.
  • In unseren Städten wird viel organischer Abfall erzeugt, der als Rohstoff wiederverwendet werden kann (Kreislaufwirtschaft, Circular BioEconomy).
  • Städte sind auch Orte der Biomasseproduktion, deshalb bilden sie zusammen mit dem Land eine Symbiose.

Neues Verständnis unserer Städte

Ein Beitrag von Sigrun Kabisch, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Department Stadt- und Umweltsoziologie

Städte sind nicht nur Konsumenten von Produkten, die auf dem Land erzeugt werden und an das sie den Abfall zurückliefern. Unter der Überschrift „Urbane Bioökonomie“ werden neue Produktionssysteme für Nahrungsmittel (z.B. „urban farming“, „vertical farming“, „cube systems“), eine hochwertige Verwertung von biogenen Abfällen (z.B. Erzeugung von Biogas), der Holzbau und auch Biotechnologie-Innovationszentren in Städten verstanden. Für letzteres kann die Stadt Leipzig, die offiziell eine "bio-city" ist, angeführt werden. Ziel ist es, einen respektvollen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen zu erreichen, indem diese umfassend genutzt werden.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. habil. Sigrun Kabisch leitet das Department für Stadt- und Umweltsoziologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und lehrt an der Universität Leipzig sozialwissenschaftliche Stadtgeographie. In ihren interdisziplinär ausgerichteten Forschungsprojekten befasst sie sich mit urbanen Transformationsprozessen im Umweltkontext. Darin sind die soziale Betroffenheit und Fragen der Umweltgerechtigkeit zentrale Elemente ihrer komplexen praxisbezogenen Projekte zu nachhaltiger Stadtentwicklung.

Beispiele für urbane Bioökonomie

Die Lebensmittelproduktion durch urbane Landwirtschaft („urban farming“, „vertical farming“) nutzt unterschiedlichste städtische Flächen zwecks Anbau von Nutzpflanzen. Sowohl im Freiraum als auch in und auf Gebäuden werden landwirtschaftliche und gärtnerische Produkte erzeugt. Das Ziel besteht darin, den Konsum lokal hergestellter Produkte anstatt importierter zu vergrößern. Des Weiteren werden auf Hausdächern und an Fassaden Moos- und Grünflächen angelegt sowie geeignete Bäume und Sträucher angepflanzt. Diese filtern Schadstoffe aus der Luft und speichern Regenwasser. Dadurch wird das Stadtklima verbessert. Biogene Abfälle werden in Biogasanlagen weiterverarbeitet. Das gewonnene Biogas wird z.B. in Berlin-Ruhleben für das Betanken gasbetriebener Müllfahrzeuge genutzt Somit wird Abfall nicht als zu entsorgender Reststoff betrachtet, sondern als wertvolle Ressource für eine weitere Nutzung. Eine Kreislaufwirtschaft (Circular BioEconomy) entsteht dadurch.

Orientierung an den SDGs

Die „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ mit der sich die Bundesregierung der Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) stellt, betont die wichtige Rolle der Städte. Demnach sollen Städte energie- und rohstoffeffizient, klimaangepasst und sozial inklusiv weiterentwickelt werden. In mehreren geförderten Forschungsprogrammen werden Ansätze urbaner Bioökonomie unterstützt. So werden z.B. neuartige Baumaterialien im Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ und neue Ansätze einer urbanen Landwirtschaft durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt. Darin wird die enge Verbindung von Stadt und Land unterstrichen.

Akteure

Als neue Denk- und Handlungsweise braucht die urbane Bioökonomie engagierte Akteure, die zugleich Visionäre und Handelnde sind. Netzwerke und Kooperationen einschließlich der Industrie sind erforderlich, um die Bereitschaft zu stärken, in Vorzeigemodelle zu investieren. Experimente vor Ort im Sinne von Pilotvorhaben machen Vorzüge und Grenzen neuartiger Lösungen deutlich. Die Mitwirkung von BürgerInnen in diesen Vorhaben von Anbeginn an ist für deren Erfolg wichtig. Dies erfordert eine angemessene und kontinuierliche Kommunikation und eine respektvolle Zusammenarbeit. Dadurch kann ein besseres Verständnis für die nachhaltige Gestaltung des Alltags einschließlich nachhaltiger Konsummuster befördert werden. Urbane Bioökonomie ist kein Luxus-Vorhaben sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit, die von breiter Unterstützung getragen werden muss.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​