CO2 als Grundlage für neue zirkuläre (Bio-)Prozesse - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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23.08.2021

Kohlenstoffdioxid als Grundlage für neue zirkuläre (Bio-)Prozesse

Kurz & Knapp
  • CO2 ist nicht nur ein Klimagas, sondern dient auch der gesamten Pflanzenwelt als Grundlage ihrer Existenz. Die künstliche Photosynthese versucht diesen Prozess effizienter zu gestalten und CO2 als Rohstoff in zirkuläre Prozesse einzubinden.
  • Die Kombination von Elektrochemie mit moderner Biotechnologie ist besonders reizvoll, da hier jeweils die effizientesten Technologien kombiniert werden.
  • Mit Hilfe der Synthetischen Biologie lassen sich Mikroorganismen so programmieren, dass sie Biokunststoffe, Proteine und neue Materialien in einer Art Brauerei produzieren können.

Kohlenstoffdioxid als Rohstoff

Ein Beitrag von Dr.-Ing. Frank Kensy, b.fab GmbH

Der Klimawandel ist in aller Munde und die Gesellschaft fordert dringend ein Umdenken der Politik und der Industrie zu einer Ressourcenwende, weg von fossilen Rohstoffen, zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Da liegt es nahe zu prüfen, wie die Natur CO2 im Kreislauf fährt. Wir alle wissen, dass die natürliche Photosynthese CO2, Wasser und Sonnenenergie benötigt, um damit in Pflanzen Biomasse und fantastische Produkte wie Holz, Obst, Aromen oder Pflanzenöle herzustellen. Werden diese Naturprodukte nicht mehr benötigt, verrotten sie oder werden verbrannt und in CO2 zurückgeführt, der wiederum der Ausgangsstoff für die Photosynthese ist. Ein herrlich natürlicher Kreislauf! Schaut man sich jedoch die natürliche Photosynthese genauer an, so stellt man schnell fest, dass die Natur ziemlich ineffizient agiert und die Sonnenenergie mit weniger als 1% in Ihre Produkte einbaut. Nutzt man nun aber das technische Potenzial herausragender menschlicher Erfindungen wie die Photovoltaik, so lassen sich viel höhere Wirkungsgrade der Sonnenenergie-Nutzung erzielen (> 15% mit Tendenz steigend). Macht man sich nun diese hohen Wirkungsgrade zunutze und speist diesen erneuerbaren Strom in Elektrolyseure (technischer Apparat, der Elektrolyse betreibt) ein, so kann man in einem sogenannten Prozess der künstlichen Photosynthese die höheren Wirkungsgrade zur CO2-Stoffumwandlung nutzen.

Köpfe des Wandels

Frank Kensy studierte Bioverfahrenstechnik an der RWTH Aachen und ist Gründer und Geschäftsführer der b.fab GmbH. Zusammen mit seinem Team möchte er mit Hilfe der Synthetischen Biologie und CO2 als Rohstoff die Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit und Zirkularität transformieren.

Synthetische Biologie – Die Natur macht es uns vor

Aber wie verbindet man die Photovoltaik mit Elektrolyse und mit der modernen Biotechnologie?

Bei b.fab haben wir uns dazu entschlossen, biotechnologische Prozesse auf Basis von Ameisensäure – auch Formiat Bioökonomie genannt – aufzubauen. Dabei wird CO2 mit Hilfe von erneuerbarem Strom und Wasser in einem Elektrolyseur zu Ameisensäure umgewandelt. Wir haben nun eine Flüssigkeit, in der CO2 und H2 gespeichert sind. Die Ameisensäure verwenden wir dann in einem Bioprozess als alleinigen Rohstoff zur Nährstoff- und Energieversorgung von Mikroorganismen, die aus Ameisensäure neue Produkte aufbauen. In der traditionellen Biotechnologie wird als Rohstoff normalerweise Zucker oder Zellulose verwendet. Da diese Rohstoffe aus Pflanzen kommen, die einen geringen Wirkungsgrad haben (s.o. natürliche Photosynthese) und zudem mit der Nahrungsmittelkette in Konkurrenz stehen, sind Zucker und Zellulose keine richtigen nachhaltigen Rohstoffe für eine industrielle Produktion wie man sie sich in Zukunft wünscht.

Erfreulicherweise hat die Wissenschaft in den letzten Jahren riesige Fortschritte im Bereich der Molekularbiologie gemacht. Man versteht immer besser die Codierung von RNA und DNA und somit das Programm des Lebens. Der Zweig der Synthetischen Biologie hat sich zur Aufgabe gemacht, Stoffwechselwege so zu verändern, dass man natürliche oder künstliche Stoffwechsel-Produkte akkumuliert und gezielt herstellen kann. Dabei lernt man aus dem Synthesepotential der Natur, analysiert natürliche Stoffwechselwege, rekombiniert Enzyme aus verschiedenen Wirtsorganismen und optimiert die spezifischen Enzymaktivitäten, so dass am Ende eine synthetische Enzymkaskade vorliegt, die die Wunschmoleküle produzieren kann. Die Moleküle können Chemikalien, Proteine sowie Biokunststoffe darstellen. .

Die Brauerei der Zukunft produziert neue Materialien

Die Fortschritte der Wissenschaft haben es möglich gemacht, dass man heutzutage die Synthesewege der Natur technisch nachstellen kann. Ein neuer Weg besonders effizient Produkte biotechnologisch herzustellen, stellt die Formiat Bioökonomie dar. Elektrochemisch produzierte Ameisensäure aus CO2 stellt dabei die Rohstoffbasis da, aus der vielfältige Produkte mittels von Mikroorganismen produziert werden. Da CO2 fast überall verfügbar ist, kann man sich gut vorstellen, dass in zukünftigen modernen Städten eine neue Art von Brauereien statt Bier eine Vielzahl von neuen (Bio-)Produkten wie Biokunststoffe, Aromen und Proteine dezentral herstellen werden und somit nachhaltig die Bedürfnisse der Menschen befriedigen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​