Vielfalt für die Bioökonomie - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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20.10.2021

Vielfalt für die Bioökonomie

Kurz & Knapp
  • Vielfalt ist die Basis für die Bioökonomie und wesentlich für eine Ernährungswende.
  • Die Landwirtschaft muss vielfältiger und resilienter werden.
  • Die politischen Weichen müssen klar für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft und eine Förderung von Vielfalt gestellt werden.

Vielfalt für die Bioökonomie

Ein Beitrag von Dr. Ulrike Eberle, corsus-corporate sustainability GmbH & ZNU-Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der UW/H

Die Bioökonomie orientiert sich an natürlichen Stoffkreisläufen. Das bedeutet in erster Linie, mit der Natur und nicht gegen die Natur zu wirtschaften. Leider ist die heutige Wirtschaftsweise nach wie vor viel zu sehr darauf ausgerichtet, die Natur „gefügig“ zu machen.

Die Landwirtschaft muss wieder vielfältiger werden

Nehmen wir die Landwirtschaft: Mit der Natur zu wirtschaften, bedeutet insbesondere, Vielfalt auf dem Acker zu realisieren, standortangepasste Kulturen anzubauen und natürliche Stoffkreisläufe zu nutzen und in Gang zu halten.

Werfen wir einen Blick auf die heutige Landwirtschaft, zeigt sich, dass wir diese Prinzipien weitestgehend missachten:

Wir bauen durstige Kulturen in wasserarmen Gebieten an und verschärfen so Wasserknappheit und die Erosion von Böden. Zur Effizienzsteigerung bauen wir in Monokultur an und wundern uns, dass dies zum massenhaften Auftreten nun konkurrenzloser unerwünschter Arten führt, die wir dann mit Pestiziden bekämpfen. Für höhere Erträge überdüngen wir Böden und schädigen so Ökosysteme. Tiere halten wir auf engstem Raum, um immer billiger immer mehr Fleisch und tierische Produkte zu erzeugen. Der Druck, den wir durch unsere landwirtschaftlichen Praktiken auf die Natur ausüben, reduziert die vorhandene Vielfalt an Land und in den Meeren. Wir treiben ganze Populationen an den Rand des Zusammenbruchs oder gar darüber hinaus.

Köpfe des Wandels

Dr. Ulrike Eberle ist geschäftsführende Gesellschafterin der corsus - corporate sustainability GmbH und Leiterin des Forschungsbereichs des ZNU-Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sind nachhaltige Ernährungssysteme und Ökobilanzen.

Politik für nachhaltige und vielfältige Landwirtschaft

Die Problematik unseres Handelns ist inzwischen erkannt, wie die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zeigen. So werden auch auf EU-Ebene mit der Biodiversitätsstrategie und der Farm to Fork-Strategie erste Schritte gegangen. Auch die Welternährungsorganisation, die FAO, fordert und fördert Vielfalt in der Landwirtschaft. Konzepte, die zeigen, wie es besser geht, liegen mit der ökologischen Landwirtschaft seit langem vor und auch die Diskussionen um eine regenerative Landwirtschaft weisen in die richtige Richtung. Denn eine Umstellung unserer landwirtschaftlichen Produktionsweisen ist unabdingbar. So erhalten wir nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, sondern schützen auch unsere Wasserressourcen und die Ökosysteme. Und nicht zuletzt hilft Vielfalt in der Landwirtschaft auch bei der Anpassung an den Klimawandel.

Eine Ernährungswende ist dringend notwendig

Doch Vielfalt auf dem Acker allein ist nicht ausreichend, wir benötigen auch mehr Vielfalt auf dem Teller. Denn nur was auf unseren Tellern landet und gegessen wird, wird auch zu Vielfalt im landwirtschaftlichen Anbau beitragen. Eine Ernährung zum Wohle unseres Planeten und zu unserem eigenen Wohl erfordert daher dringend auch einen Wandel unserer Ernährungsgewohnheiten: weniger Fleisch und weniger tierische Produkte wie Milch und Käse, und deutlich mehr Gemüse und Hülsenfrüchte – eben eine Ernährungswende.

Praxisnahe Forschung für mehr Vielfalt

Wesentlich ist es, für eine Ernährungswende praxisrelevante Lösungsansätze zu entwickeln, um die negativen Auswirkungen unserer Ernährung auf genetische Vielfalt, Artenvielfalt und Ökosysteme, Klima, Böden und Gewässer wirksam zu verringern. Gefragt sind daher Forschungsansätze, die die gesamte Wertschöpfungskette von der landwirtschaftlichen Produktion über die Verarbeitung bis hin zum Konsum in den Blick nehmen. Es gilt konkrete Lösungsansätze zu erproben, um eine nachhaltige Erzeugung und gesundheitsfördernde Ernährung zum Wohle unseres Planeten umsetzen zu können. Denn eine nachhaltige Erzeugung und Ernährung muss in der betrieblichen Praxis und den Alltagen der Bürger:innen selbstverständlich werden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​