LACoP Forscher*innen entwickeln Allergen-reduzierte Senfpflanzen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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03.12.2021

LACoP Forschende entwickeln Allergen-reduzierte Senfpflanzen

Kurz & Knapp
  • Der Einsatz der Genomeditierung erzielt Erfolge in der modernen Pflanzenzüchtung.
  • In genomeditierten Pflanzen führen kleinste, gezielte Änderungen im Erbgut zu erwünschten Eigenschaften.
  • Forschende von LACoP haben so erstmals Senf mit reduziertem Allergengehalt hergestellt.

LACoP Forschende entwickeln Allergen-reduzierte Senfpflanzen

Ein Beitrag von Thomas Reinard, Institut für Pflanzengenetik Abt. II der Leibniz Universität Hannover

Lebensmittelallergien, die von leichten allergischen Reaktionen wie Juckreiz oder Husten bis zum anaphylaktischen Schock reichen, betreffen etwa 2-3 Prozent der Erwachsenen und 4 % der Kleinkinder und sind für diese Personen eine tägliche Gefahr.

Pflanzliche Allergene finden sich in bestimmten Pflanzengruppen, wie den Hülsenfrüchten (Lupine, Soja, Erdnuss), Nussfrüchten (Haselnuss, Macadamianuss oder Mandeln) sowie beispielsweise in Weizen (Gluten), Sesam, Sellerie und Senf.

Aktuell ist die einzige Therapie die Vermeidung von Produkten aus diesen Pflanzen. Dies stellt wegen der oft komplexen Zusammensetzung von Lebensmitteln für Allergikerinnen und Allergiker eine große Herausforderung dar.

 

Köpfe des Wandels

Thomas Reinard, Autor des Lehrbuchs "Molekularbiologische Methoden 2.0" lehrt an der Leibniz Universität Hannover Molekularbiologie und Bioinformatik. Seine Gruppe am Institut für Pflanzengenetik konzentriert sich auf die Herstellung von pharmazeutischen Proteinen in Kieselalgen, die sehr gute Bioreaktoren darstellen. Aktuell ist er an der Ausgründung des Start-Ups PHAEOSYNT beteiligt.

LACoP – Low Allergen Containing Plants

Die Forscherinnen und Forscher des Forschungskonsortiums LACoP arbeiten an der Herstellung von Pflanzen, bei denen der Gehalt solcher allergieauslösenden Eigenschaften reduziert ist. Dies ist ihnen kürzlich bei dem Hauptallergen des braunen Senfs (auch orientalischer Senf genannt) erstmalig gelungen (Assou et al. 2021, Plant J. im Druck). Wie aber haben die Forschenden ihr Ziel erreicht? Mit modernen Züchtungsverfahren!

Seit Mitte des 20. Jahrhundert haben neue Verfahren die Züchtung, welche zuvor Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauerte, deutlich beschleunigt. Durch radioaktive Bestrahlung wurden z. B. in eine Grapefruit 30.000 Erbgutveränderungen eingebracht. Daraus entstand die heute sehr beliebte Grapefruit ‘Ruby Red‘, die auch in der BIO-Landwirtschaft angebaut wird.

Die Gentechnik hat seit den 80er Jahren gezieltere Veränderungen des pflanzlichen Erbguts ermöglicht.

Die modernen Züchtungsverfahren nutzen die noch präziseren Werkzeuge der Genomeditierung, bei denen eine kleinste Veränderung exakt an einer zuvor ausgewählten Stelle im Erbgut eingebracht wird. Somit ist das Erbgut der veränderten Pflanze kaum von dem der Ausgangspflanze zu unterscheiden. Das wichtigste Werkzeug der Genomeditierung ist CRISPR/Cas9, deren Entdeckerinnen (Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna) 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden. Der bei der Genomeditierung eingebrachte Schnitt im Erbgut verändert diesen kleinen Abschnitt und kann die Produktion des Genproduktes unterbinden. So ist den Forschenden die eingebrachte Veränderung – im Gegensatz zur klassischen Züchtung – genau bekannt.

Diese CRISPR/Cas-Technik wurde von den Forscherinnen und Forschern im LACoP-Projekt genutzt. Durch die Entfernung von einzelnen Nukleotiden (das Erbgut von Senf besteht aus über 130.000.000 Nukleotiden!) konnte die Produktion eines Speicherproteins, welches hauptsächlich für die Allergieauslösung verantwortlich ist, in Senfsamen unterbunden oder stark gesenkt werden.

Jetzt müssen die erhaltenen Linien mit reduzierten Allergengehalten weiter analysiert werden, denn die neuen Pflanzen sollen gleiche Erträge liefern wie ihre Ausgangspflanzen.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​