Physikalische Innovationen für die Landwirtschaft - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

Springe zu:

Springe zum Inhalt

27.08.2021

Physikalische Innovationen für die Landwirtschaft

Kurz & Knapp
  • Zunehmende extreme Wetterereignisse und die Anforderungen einer nachhaltigen Produktion stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen.
  • Pflanzenkrankheiten und Umweltstress nehmen zu und bisher eingesetzte Agrochemikalien werden zunehmend verboten.
  • Innovative physikalische Technologien können Pflanzen schützen und robuster machen für eine ökologische wie ökonomische Landwirtschaft der Zukunft.

Physikalische Innovationen für die Landwirtschaft

Ein Beitrag von Prof. Dr. Leif-Alexander Garbe, Hochschule Neubrandenburg und Prof. Dr. Klaus-Dieter Weltmann, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)

Im Zentrum der Bioökonomie stehen Landwirtinnen und Landwirte. Sie sichern unsere Ernährung, sorgen für Biokraftstoffe und haben einen wichtigen Einfluss auf den Zustand des gesamten Ökosystems. Gleichzeitig stellen die aktuell rund 262.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland knapp 937.000 Arbeitsplätze. Bei der Erreichung von Klima- und Umweltzielen ist der Agrarsektor eine wesentliche Komponente, denn die Hälfte der gesamten Bodenfläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Agrarwirtschaft verordnete der „European Green Deal“ drastische Änderungen der bisher üblichen Bodenbearbeitungsmethoden. Bis zum Jahr 2030 soll der Einsatz von Düngemitteln um ein Fünftel und die Menge der eingesetzten chemischen Pflanzenschutzmittel um die Hälfte reduziert werden.

Die Landwirtinnen und Landwirte stehen vor einem Dilemma, denn Stürme, extreme Hitze oder Starkniederschläge gefährden ihre Ernteerträge. Pflanzenkrankheiten sowie Insektenbefall nehmen als Folge zu. Neue Methoden sind dringend gesucht, um eine ökologische und gleichzeitig ökonomische Landwirtschaft für die Zukunft zu ermöglichen.

Köpfe des Wandels

Prof. Dr. Leif-Alexander Garbe ist Professor für Angewandte Chemie insbesondere Chemie biogener Rohstoffe und Produkte an der Hochschule Neubrandenburg und Geschäftsführer des ‚Zentrum für Ernährung und Lebensmitteltechnologie (ZELT gGmbh)‘. Als Vertreter der Hochschule Neubrandenburg ist er Sprecher des Forschungsprojekts ‚Physics for Food‘.

Prof. Dr. Klaus-Dieter Weltmann ist Vorstandsvorsitzender und wissenschaftlicher Direktor sowie Forschungsbereichsleiter Umwelt & Gesundheit am Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP). Als Vertreter des INP ist er Sprecher des Forschungsprojekts ‚Physics for Food‘.

Neue Methoden für die Landwirtschaft

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung entwickelt ein Verbund aus Wissenschaft und Wirtschaft innovative physikalische Technologien. Initiatoren des Projekts ‚Physics for Food‘ sind die Hochschule Neubrandenburg, das Leibniz Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) sowie die Agrarhandelsgruppe Ceravis AG. Gemeinsam mit rund 20 Partnern, vorwiegend aus Mecklenburg-Vorpommern, konzentriert sich ‚Physics for Food‘ auf drei physikalische Methoden.

Atmosphärendruck-Plasma, das durch Energiezufuhr in Gasen wie Luft erzeugt wird, hat eine dekontaminierende Wirkung. Saatgut und Pflanzen können damit von Bakterien, Pilzen und Viren befreit werden. Hierdurch lässt sich der Einsatz von klassischen chemischen Mitteln wie Saatgutbeize reduzieren. Gleichzeitig keimen und wachsen die behandelten Pflanzen besser und sind so resistenter gegen extreme Klimaereignisse. Mit plasmabehandelter Luft lassen sich auch Erntegüter gegen Schädlingsbefall schützen. Plasma ermöglicht zudem die Entfernung von Medikamentenrückständen aus Abwässern.

UV-Licht, der energiereichste Teil der optischen Strahlung, wird ebenfalls zur Kräftigung von Pflanzen erprobt. Eingesetzt auf dem Acker stärkt es je nach Dosierung das Pflanzenwachstum oder hemmt die Ausbreitung von Beikräutern. In der Lebensmittelverarbeitung kann UV-Licht die Produkthaltbarkeit erhöhen.

Gepulste elektrische Felder kommen in der Lebensmittelverarbeitung zum Einsatz. Mittels kurzer elektrischer Impulse werden schädliche Mikroorganismen inaktiviert und Zellmembranen von Erntegütern öffnen sich. Hierdurch können mehr wertvolle Inhaltsstoffe aus Pflanzen gewonnen und auch Produkteigenschaften positiv beeinflusst werden. Ziel ist unter anderem, die Ausbeute und Qualität von Ernteprodukten für vegane Lebensmittel zu steigern, beispielsweise durch die Entfernung von bitter schmeckenden Stoffen.

Bereits in wenigen Jahren könnten die erforschten Technologien einen ökologischen wie ökonomischen Beitrag für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung leisten.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​

Passende SDG´s