Mikroben bilden elementaren Kohlenstoff - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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02.11.2021

Mikroben bilden elementaren Kohlenstoff

Kurz & Knapp
  • Forschende haben Mikroorganismen entdeckt, die unter Normalbedingungen elementaren Kohlenstoff herstellen – etwas, das bislang bei keinem Lebewesen beobachtet worden ist.
  • Bislang waren die einzigen bekannten natürlichen Entstehungsprozesse von elementarem Kohlenstoff geologische Prozesse, bei denen Anthrazit und Graphit entstehen sowie die Verbrennung zu Ruß.
  • Wie, weshalb und in welcher Menge die Mikroben elementaren Kohlenstoff bilden, ist noch unklar. Als Sedimentablagerung könnte der Prozess jedoch eine bislang unbekannte Kohlenstoffsenke darstellen.

Prozess erstmals bei Lebewesen beobachtet

Es ist eine Premiere in Lebewesen: Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen hat Archaeen identifiziert, die Kohlenstoff in elementarer Form bilden. Noch ist jedoch unklar, wie und warum die Mikroben das machen und was das für den Kohlenstoffkreislauf bedeutet.

Es ist eine kleine Sensation: Forschende haben Mikroorganismen entdeckt, die Kohlenstoff in elementarer Form herstellen. Kohlenstoff ist das wichtigste Element der organischen Chemie und die Grundlage aller Lebensformen. Doch in Organismen tritt das Element nicht alleine, sondern nur innerhalb von organischen Verbindungen auf – dachte man bislang.

Die Entstehung von elementarem Kohlenstoff, also Molekülen ohne Atome anderer Elemente, galt bislang beschränkt auf Prozesse mit großem Druck und großer Hitze. Beispielsweise wird so tief im Boden aus Holz Anthrazit und Graphit. Daneben gibt es elementaren Kohlenstoff noch natürlicherweise in Form von Ruß. Jetzt ist klar, dass es einen weiteren Entstehungsprozess gibt – und der könnte auf eine bislang unbekannte Kohlenstoffsenke verweisen.

Symbiose mit Bakterien

Ihre überraschende Entdeckung machten die Fachleute bei Mikroben aus der Domäne der Archaeen, die ihre Energie aus Methan gewinnen, ohne dabei Sauerstoff zu verbrauchen, und die mit Bakterien in Symbiose leben. Diese Gemeinschaften von Mikroorganismen erschienen ungewöhnlich dunkel. Wenn diese Kulturen mit organischen Lösungsmitteln extrahiert wurden, blieb eine schwarze Masse zurück, die selbst durch starke Basen und Säuren nicht gelöst werden konnte.

„Erst waren wir ratlos, was diese schwarze Masse wohl war“, erklärt Robert White von der Virginia Tech in den USA. „Dann nutzten wir andere Methoden, um diesen Stoff als Festphase zu analysieren.“ Dabei fanden die Forschenden heraus, dass es sich um nahezu reinen Kohlenstoff handelte.

Nachweis durch Isotope

In einem nächsten Schritt gaben die Fachleute den Archaeen ein Nährmedium, das Kohlenstoffisotope enthielt. Diese Isotope können im Verlauf des Stoffwechsels identifiziert und nachverfolgt werden, und so konnte das Team zeigen, dass es tatsächlich die Mikroorganismen sind, die diesen elementaren Kohlenstoff in ihrem Stoffwechsel erzeugen.

Wie das ohne hohen Druck und hohe Temperatur geschieht, welche chemischen Prozesse ablaufen und welche Enzyme daran beteiligt sind – all das ist ebenso unklar wie die Frage, weshalb die Archaeen überhaupt elementaren Kohlenstoff bilden. Weil die Mikroben den Kohlenstoff in der Natur in Sedimenten ablagern, wo er über lange Zeit verbleibt, könnte hier zudem eine bislang unbekannte Kohlenstoffsenke vorliegen. All das soll nun weiter erforscht werden.