Saatgut als Gemeingut sorgt für klimarobuste Vielfalt - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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28.10.2021

Saatgut als Gemeingut sorgt für klimarobuste Vielfalt

Kurz & Knapp
  • Eine gemeinnützige und regional angepasste Saatguterzeugung kann die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen.
  • Zu diesem Schluss kommen Forscherinnen vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Universität Oldenburg. In einer Studie plädieren sie dafür, Saatgut als Gemeingut zu fördern.
  • Genetische Vielfalt und regional angepasste Sorten gedeihen demnach bes-ser, wenn das Saatgut verbreitet und weiterentwickelt werden darf.

Gemeingutbasierte Saatguterzeugung stärkt Landwirtschaft

Die landwirtschaftliche Produktion muss widerstandsfähiger werden, um dem Klimawandel zu trotzen. In einer Studie der Forschungsgruppe Right Seeds plädieren Forscherinnen dafür, Saatgut und Sorten als Gemeingut bereitzustellen und entsprechende Betriebe und Initiativen zu fördern, um die Landwirtschaft nachhaltiger und klimarobuster zu machen.

Wie kann die Landwirtschaft für den Klimawandel fit gemacht werden? Antworten darauf suchen derzeit viele Forschende. Lea Kliem und Stefanie Sievers-Glotzbach aus der Forschungsgruppe „Right Seeds?“ sehen die Saatgut-Herstellung als einen wichtigen Ansatzpunkt für eine resiliente Landwirtschaft.

Die Forscherinnen vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Universität Oldenburg hatten im Rahmen einer Studie Ziele und Vorgehensweisen gemeingutorientierter und privatwirtschaftlicher Produzenten miteinander verglichen. Sie kommen zu dem Schluss, dass privatwirtschaftliche Interessen und Patentschutz der Vielfalt auf dem Acker eher schaden. Die Saatguterzeugung sei auf Hochertragssorten spezialisiert, die nur unter optimalen Bedingungen gedeihen und Pflanzen für den Klimawandel anfälliger machten, so die Autorinnen.

Vielfalt statt Hochertragssorten

Die Forscherinnen plädieren daher dafür, Saatgut in Gemeinschaftsbesitz zu fördern, um die Ernährung in Zukunft sicherzustellen und die Unabhängigkeit von Landwirten und Landwirtinnen gegenüber Konzernen zu stärken. „Die gemeingutbasierten Produzenten, die wir untersucht haben, setzen auf Vielfalt statt auf Hochertragssorten.

Dadurch können sich die Pflanzen besser an regionale Besonderheiten und an veränderte klimatische Bedingungen anpassen. Außerdem eignet sich das Saatgut dieser Hersteller besonders für den ökologischen Landbau“, erklärt Stefanie Sievers-Glotzbach. Der Schlüssel zu Vielfalt und Anpassungsfähigkeit liege in der Organisationsform. „Wir haben beobachtet, dass die gemeingutorientieren Initiativen einen stärkeren Fokus auf Kooperation legen als Privatunternehmen und dass ihre Entscheidungsstrukturen eher dezentral und partizipativ angelegt sind“, so Lea Kliem.

Gemeingutbasierte Pflanzenzucht fördern

Sechs gemeingutbasierte Initiativen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden untersucht. Dazu gehörte der Verein Kultursaat, der seit den 1980er Jahren über einhundert nachbaufähigen Gemüsesorten – darunter Möhren und Blumenkohl – für Biohöfe entwickelt. Die Sorten sind nicht geschützt. Die Samen dürfen vermehrt, verkauft und weiterentwickelt werden.

Um den Pool an widerstandsfähigen Sorten weiter zu vergrößern und den freien Zugang zu den genetischen Ressourcen zu sichern, empfehlen die Forscherinnen langfristige Förderprogramme für gemeingutbasierte Be-triebe und Initiativen aufzusetzen. Die Arbeit der Forschungsgruppe „Right Seeds? wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.