Die Mikroben-WG in der Waschmaschine - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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09.09.2021

Die Mikroben-WG in der Waschmaschine

Kurz & Knapp
  • Wenn frisch gewaschene Wäsche trotzdem müffelt, liegt das meist an Bakterien, die bei Feuchtigkeit und Wärme ideal gedeihen.
  • Forschende der Hochschule Furtwangen haben mit Industriepartnern untersucht, wo sich in der Waschmaschine welche Bakterien ansiedeln und wie die Mikrobengemeinschaften zusammengesetzt sind.
  • Dabei sind sie einem berüchtigten Stinker unter den Bakterien auf die Spur gekommen.

Mikrobieller Vielfalt in Waschmaschinen gemessen

Wäsche waschen bei niedrigen Temperaturen schont die Umwelt, geht allerdings etwas zulasten der Hygiene. In der Waschmaschine gedeiht eine Wohngemeinschaft aus Bakterien. Forschende der Hochschule Furtwangen haben dieses Mikrobiom erfolgreich mithilfe eines mRNA-Sequenzierverfahrens analysiert.

Es scheint paradox: Die Wäsche kommt frisch aus der Waschmaschine und dennoch müffelt sie. Der Grund sind Mikroorganismen, die sich in der Waschmaschine wohlfühlen und vermehren. Einer dieser „Stinker“ ist das Bakterium Moraxella osloensis. Doch das Biotop Waschmaschine beherbergt noch zahlreiche andere Mikrobenarten.

Das Waschen mit Schnellprogrammen und niedrigen Temperaturen begünstigt das Keimwachstum obendrein. Doch an welcher Stelle gedeihen die Bakterien besonders gut? Wie ist die Mikrobengemeinschaft zusammengesetzt, welche Stoffwechselprozesse laufen ab und: Können diese Bakterien krank machen? Mit solchen Fragen haben sich Forschende der Hochschule Furtwangen im Waschmaschinen-Mikrobiom-Projekt befasst. Die Arbeit wurde vom Bundesforschungsministerium gefördert.

Bakterielle Genaktivität auf gewaschenen Textilien gemessen

Erstmals wurden mithilfe der sogenannten Metatranskriptomtechnologie Keime in der Waschmaschine und auf Textilien auf deren Stoffwechselprozesse in der Mikrobengemeinschaft untersucht. Textilien aus Baumwolle und Polyester wurde dafür bei 30°C mit Flüssigwaschmittel in der Maschine gewaschen. Anschließend wurden Boten-RNA (mRNA) aus diesen Textilproben extrahiert und sequenziert.

Insgesamt ließ sich die analysierte Erbinformation 229 Bakterienarten zuordnen, darunter auch potenziell krankmachende Keime. Ihr Anteil schwankte je nach Probenentnahmestelle etwa am Bullauge oder der Einspülkammer zwischen 30 bis 60 Prozent. In Bereichen wie der Einspülkammer wurden ganze Mikroben-Gemeinschaften gefunden.

Feuchte Textilien bieten den Keimen Nahrung

„Man findet auf gewaschener Wäsche vor allem Wasserbakterien aus der Waschmaschine, aber auch nicht ausreichend inaktivierte Haut- und Umweltkeime, die von der dreckigen Wäsche stammen“, erläutert Studienleiter Markus Egert. Bei der Untersuchung von Textilien aus Baumwolle sowie aus Polyester fand das Team bei 17 Genen Unterschiede in der Genaktivität, darunter zwei Gene, die zu dem Stinkerbakterium M. osloensis gehören. Einige Gene stehen zudem im Zusammenhang mit dem Kohlenhydratstoffwechsel der Bakterien, sodass die Forschenden vermuten, dass feuchte Textilen diesen Mikroben als Nahrung dienen könnten. Die Metatranskriptomstechnologie will das Team um Egert weiter nutzen, um mehr über das Verhalten der Wäschekeime zu erfahren. An dem Projekt waren auch die Universität Gießen und der Waschmittelhersteller Henkel beteiligt.