Löwenzahn-Reifen für Deutschen Zukunftspreis nominiert - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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21.09.2021

Löwenzahn-Reifen für Deutschen Zukunftspreis nominiert

Kurz & Knapp
  • Fahrzeug-Reifen aus heimischen Löwenzahn-Kautschuk: Das Team hinter dieser Idee ist für den Deutschen Zukunftspreis 2021 nominiert worden.
  • Forschende aus Münster haben zusammen mit dem Reifenhersteller Continental den Russischen Löwenzahn für die industrielle Kautschuk-Produktion erschlossen.
  • Als nachhaltige Alternative fertigt Continental bereits Fahrradreifen aus Löwenzahn-Kautschuk in Serie. In Zukunft sollen auch Reifen für Pkw und Lkw hinzukommen.

Nachhaltige Ressource für Fahrzeug-Reifen

Kautschuk ist ein Naturmaterial – doch wie viele biobasierte Rohstoffe dadurch nicht unbedingt nachhaltig in der Produktion. Mit dem Russischen Löwenzahn hat das nun für den Deutschen Zukunftspreis nominierte Team eine nachhaltige Alternative entwickelt. Sie wurden dabei umfangreich mit öffentlichen Fördermitteln unterstützt.

Vor rund 15 Jahren begann die Grundlagenforschung, jetzt ist das resultierende Produkt für den Deutschen Zukunftspreis 2021 nominiert worden: ein nachhaltig gewonnener Naturkautschuk, aus dem seit 2019 bereits Fahrradreifen in kommerziellem Maßstab hergestellt werden. Autoreifen sollen folgen. Ob das innovative Verfahren sich im Finale trotz hochkarätiger weiterer Nominierter durchsetzen kann, gibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 17. November bekannt. Der Preis ist mit 250.000 Euro dotiert.

Derzeit wird Kautschuk in Süd- und Südostasien aus dem tropischen Kautschukbaum gewonnen, der dort in riesigen Monokulturen angebaut wird. Durch Anritzen der Baumschale werden jährlich rund 14 Millionen Tonnen des Naturstoffes geerntet. Denn Naturkautschuk besitzt Eigenschaften, die auf Erdöl basiertem Gummi überlegen sind. Autoreifen bestehen daher zu 10 bis 40 Prozent aus Kautschuk.

Russischer Löwenzahn als Alternative

Für die Baumplantagen müssen Waldflächen weichen. Zudem sorgen lange Transportwege für einen hohen Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoß. Neben dem Kautschukbaum gibt es jedoch eine weitere Quelle für Naturkautschuk: die Milch des Löwenzahns. Der wurde bereits im Zweiten Weltkrieg als Kautschukquelle verwendet, doch erst Grundlagenforschungen nach dem Jahr 2000 insbesondere an der Universität Münster und der Fokus auf den in Kasachstan beheimateten Russischen Löwenzahn haben eine echte Alternative zum Kautschukbaum eröffnet.

Seit 2011 hat das Team um Dirk Prüfer von der Uni Münster gemeinsam mit Christian Schulze Gronover vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME sowie Carla Recker vom Industriepartner Continental erforscht, wie sich der Löwenzahn in einen industriellen Lieferanten für Naturkautschuk verwandeln lässt. Zudem wurden erste Testreifen gefertigt und erprobt. Im Jahr 2018 eröffnete Continental dann in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern das „Taraxagum Lab“ als Forschungs- und Entwicklungslabor. Hier wurde auch der Fahrradreifen entwickelt, der seit 2019 auf dem Markt ist.

Löwenzahn züchterisch optimiert

Gefördert wurde die Allianz seit vielen Jahren auch vom Bundesforschungsministerium, dem Bundeslandwirtschaftsministerium, der EU und dem Land Mecklenburg-Vorpommern. In den Projekten ging und geht es um die Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette: Durch moderne Verfahren der Präzisionszüchtung sollen deutlich ertragreichere und robustere Gewächse entstehen. Außerdem geht es darum, die Verarbeitungsschritte und die Gewinnung der Pflanzenrohstoffe zu verbessern und nachhaltig zu gestalten. Bis auch Reifen für Pkw und Lkw in Serie gehen können, wird es nach Ansicht der Fachleute aber noch einige Jahre dauern.