Was Braunalgen zu guten Kohlenstoffspeichern macht - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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04.06.2020

Was Braunalgen zu guten Kohlenstoffspeichern macht

Kurz & Knapp
  • Braunalgen spielen im globalen Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Rolle. Sie können große Mengen an CO₂ über sehr lange Zeit speichern, weil der mikrobielle Abbauprozess nur sehr langsam erfolgt.
  • Ein Forscherteam vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie hat mit internationalen Partnern herausgefunden, warum Braunalgen für Bakterien so schwer verdaulich sind.
  • Grund dafür ist ein hochkomplexer biochemischer Prozess: Nur hochspezialisierte Bakterien der Gattung Lentimonas können die Zucker verdauen. Dazu benötigen sie aber rund 100 Enzyme.

Mikrobiellen Abbauprozess untersucht

Braunalgen sind gute Kohlenstoffspeicher. Ein Bremer Mikrobiologenteam konnte nun klären, warum der mikrobielle Abbau der Algenbiomasse so langwierig ist. Grund dafür ist ein hochkomplexes System, das es Bakterien erschwert, Braunalgen zu verdauen. Rund 100 Enzyme sind demnach nötig, um den Zucker Fucoidan aus den Algen-Zellwänden zu zerlegen.

Braunalgen speichern große Mengen Kohlendioxid und spielen daher eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. An Nord- und Ostsee ist es die Braunalge Fucus vesiculosus, die das Bild der Strände prägt.

Im Vergleich zu anderen Meerespflanzen werden Braunalgenreste jedoch nur sehr schwer von Bakterien abgebaut und damit das darin gespeicherte CO nur langsam abgegeben. Der Grund für diesen langwierigen Abbauprozess war bisher nicht bekannt.

„In der Regel sind langkettige Zucker eine beliebte Nahrung für Bakterien, aber warum gerade Fucoidan besonders schwer verdaulich ist, war unklar,“ so Andreas Sichert vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. In einer internationalen Studie hat das Team um Sievert den mikrobiellen Abbauprozess daher genauer untersucht.

Langkettige Zuckermoleküle schwer verdaulich

Bekannt ist, dass die Zellwände der Braunalge sehr dick, fest und stabil sind und aus einem engen Netzwerk von Eiweißen und langkettigen Zuckern bestehen. Der langkettige Zucker Fucoidan macht dabei fast ein Viertel des Trockengewichts der Algenmasse aus.

Im Fokus der Studie stand die Frage, welche Rolle der Zucker beim Abbau der Algenreste spielt. In der Untersuchung stieß das Team auf hochspezialisierte Bakterien der Gattung Lentimonas, die über einhundert Enzyme einsetzen, um den Zucker Fucose, ein Bestandteil von Fucoidan, freizusetzen. Erst danach wird der Zucker über einen isolierten Bereich in den Bakterien - eine eiweißhaltige Hülle - abgebaut, welche die Zelle zudem vor toxischen Nebenprodukten schützt.

Nur Spezialisten können Fucoidan abbauen

„Die Notwendigkeit einer solch komplexen Zersetzung zeigt, dass Fucoidan für die meisten Meeresbakterien unverdaulich ist, und nur durch hochspezialisierte Bakterien im Ozean effektiv abgebaut werden kann“, so Jan-Hendrik Hehemann, Leiter der Forschungsgruppe Marine Glykobiologie am MPI. Dieser komplexe Weg ist den Forschenden zufolge der Grund, warum der mikrobielle Abbau abgestorbener Braunalgenreste so lange dauert und warum die Meeresbewohner so gute Kohlenstoffspeichern sind.

Die am Abbau beteiligten Enzyme für Fucoidan sind aber noch aus einem anderen Grund interessant – und zwar für die Medizin: Den Forschenden zu Folge haben die Moleküle eine ähnliche Wirkung wie Heparin in der Blutgerinnung. Das Wissen um ihre Struktur kann dazu beitragen, diese marinen Zucker für biotechnologische Anwendungen zu erschließen.