Moore als natürliche CO2-Speicher - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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30.09.2021

Moore als natürliche CO2-Speicher

Kurz & Knapp
  • Moorgebiete - als größter auf der Erde gebildeter Kohlenstoffspeicher - haben in ihrem natürlichen Zustand ein enormes Potenzial den vom Menschen verursachten Klimawandel aufzuhalten. Deshalb sind sie bedeutend für künftige Klimaanpassungsmaßnahmen. Entwässerte Moore heutzutage stoßen gewaltige Mengen an Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre aus. Eine Wiedervernässung solcher Feuchtegebiete wäre also eine wirksame Methode, um CO2-Emissionen von Mooren zu stoppen.
  • Jährlich stoßen entwässerte Moore etwa zwei Gigatonnen CO2-Äquivalente weltweit aus. In Deutschland besitzen sie das Potenzial, jährlich etwa 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu binden. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag zu unserem verbleibenden Kohlenstoffbudget von 7800 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
  • Neben einem positiven Klimaeffekt, würde eine Wiedervernässung von Mooren auch die biologische Vielfalt, die Wasserqualität und den Nährstoffhaushalt verbessern. Außerdem dienen sie als Puffer bei Hochwasserereignissen.

Moore als natürliche CO2-Speicher

Ein Beitrag von Dr. Nadine Mengis, Department Biogeochemische Modellierung am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung (GEOMAR) und Dr. Aram Kalhori, Department für Fernerkundung und Geoinformatik am Helmholtz-Zentrum Potsdam (GFZ). Gemeinsam bewerten und erarbeiten sie im Projekt „Natur als Speicher“ der Helmholtz-Klima-Initiative, Strategien zur natürlichen Einlagerung von CO2.

Ob unsere Ökosysteme Treibhausgase speichern oder abgeben, hängt in erheblichem Maß davon ab, wie wir das Land nutzen und managen. Entwässerte Moorlandschaften beispielsweise verursachen rund fünf Prozent der globalen anthropogenen Treibhausgasemissionen. Eine Wiedervernässung von Mooren würde diesen Emissionen Einhalt gebieten und könnte sogar atmosphärisches CO2 in Böden als Torf speichern. Der Beitrag von natürlichen CO2-Speichern ist damit entscheidend, um das definierte Ziel "Netto-Null-Emissionen" zu erreichen.

Köpfe des Wandels

Vita Nadine Mengis ist Klimaphysikerin in der Abteilung für Biogeochemische Modellierung am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung - GEOMAR. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Untersuchung von Rückkopplungsprozessen im Erdsystem und die Quantifizierung von Unsicherheiten in Klimaprojektionen. In der Helmholtz-Klima-Initiative befasst sie sich mit der Bewertung von Kohlenstoffentnahme Maßnahmen innerhalb Deutschlands und deren Beitrag zur Einhaltung des verbleibenden CO2-Emissinsbudgets.

Vita Aram Kalhori ist Klimawissenschaftlerin und hat Umwelttechnik und Management natürlicher Ressourcen studiert sowie im Fach Umweltmanagement und -planung promoviert. Derzeit ist sie in der Abteilung für Fernerkundung und Geoinformatik am Helmholtz-Zentrum Potsdam – GFZ tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Biosphäre und Atmosphäre sowie in der Erforschung des Austauschs von Treibhausgasen auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen. Hierzu zählt auch die Bewertung der Auswirkungen von Klimaextremereignissen auf die Treibhausgasdynamik.

Bedeutung und Status quo von Mooren

Um die Bedeutung von Ökosystemen als natürliche CO2-Speicher zu bewerten, wird im Rahmen der Helmholtz-Klima-Initiative das Potenzial natürlicher Kohlenstoffsenken analysiert, wie terrestrische und marine Ökosysteme dazu beitragen können, CO2-Emissionen zu reduzieren und Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufzunehmen und für uns zu speichern.
Moorgebiete sind exzellente Kohlenstoffspeicher: Etwa 30 Prozent des gesamten auf der Erde gebildeten Kohlenstoffs sind schätzungsweise in diesen Ökosystemen gespeichert - dabei bedecken sie nur etwa drei Prozent der weltweiten Landfläche. Intakte Moore haben also einen positiven Effekt auf das Klima, da sie als CO2-Senken fungieren. In wassergesättigten Mooren werden abgestorbene Pflanzenreste nicht vollständig zersetzt. Unter dem Ausschluss von Sauerstoff wird der in den Pflanzen gespeicherte Kohlenstoff über Jahrtausende gebunden. In dieser Zeit kann er sich in kohlenstoffreichen Torf umwandeln.
Durch landwirtschaftliche Nutzung und durch Trockenlegung von Mooren haben sich diese sensiblen Ökosysteme allerdings von Kohlenstoffsenken in Treibhausgasquellen verwandelt. Wenn der im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff der Atmosphäre in Berührung kommt, wird CO2 freigesetzt. Infolgedessen geben entwässerte Moore in Deutschland jedes Jahr etwa 44 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an die Atmosphäre ab.

Renaturierung von Moorgebieten

Um zu verhindern, dass entwässerte Moore Treibhausgase in die Atmosphäre ausstoßen, muss der Grundwasserspiegel von Mooren bis an die Oberfläche angehoben werden. Mittels solch einer Anpassungsmaßnahme können negative Auswirkungen auf die Umwelt verhindert und positive Nebeneffekte geschaffen werden. Hierzu zählt eine verbesserte Wasserqualität, der Schutz der Artenvielfalt, das Herausfiltern von Nährstoffen und die Bereitstellung eines Puffers bei Hochwasserereignissen. Zu beachten ist jedoch, dass solche Anpassungen unter Berücksichtigung der vorherrschenden klimatischen Extremereignisse, der Wasserverfügbarkeit und der Topographie evaluiert werden müssen.

Zukunft und Beitrag von Mooren als Kohlenstoffspeicher

Künftig könnten durch Wiedervernässung von Mooren also große Mengen an CO2-Emissionen in die Atmosphäre vermieden werden. Zudem würde eine kontinuierliche Kohlenstoffbindung ermöglicht werden, welche wiederum einen Beitrag zu den negativen Emissionen innerhalb Deutschlands erbringt. Diese benötigen wir um verbleibende Emissionen auszugleichen und so Netto-Null zu erreichen. Zusätzlich ist es möglich, Moore weiterhin für eine nachhaltige Landwirtschaft, der sogenannten "Paludikultur", zu nutzen, um neue Torfvorkommen zu erhalten.
Intakte Moore bieten somit das Potenzial, jährlich rund 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in Deutschland zu binden und können einen wesentlichen Beitrag zu unserem verbleibenden Kohlenstoffbudget von 7800 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten leisten. Bemühungen zur Wiedervernässung trockengelegter Moore sollten also unbedingt unternommen werden. Aus wissenschaftlichen Analysen geht klar hervor: Je früher der Grundwasserspiegel von Mooren steigt, desto besser für das Klima.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​