Bioökonomie und Nachhaltigkeitsziele - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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04.09.2020

Bioökonomie und Nachhaltigkeitsziele

Kurz & Knapp
  • Monitoringsysteme beschreiben die Bioökonomie heute.
  • Zukünftige Entwicklungen der Bioökonomie werden mit Modellen abgeschätzt.
  • Dadurch lassen sich Chancen und Zielkonflikte für eine nachhaltige Entwicklung frühzeitig erkennen.

Bioökonomie und Nachhaltigkeitsziele

Ein Beitrag von Christian Lutz, Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) mbH

Die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen ist eine Kernfrage der weiteren Entwicklung der Bioökonomie. Viele Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen für das Jahr 2030 sind mit Produktion, Nutzung und Verteilung von Biomasse verknüpft. Dies gilt u.a. für die Ziele ‚kein Hunger‘, ‚nachhaltiger Konsum und Produktion‘, ‚Klimaschutz‘ sowie ‚Leben unter Wasser und auf Land‘. Einige Zielkonflikte wie Nutzung von Pflanzen für Biokraftstoffe oder Nahrungsmittelproduktion (Tank oder Teller) sind bereits bekannt.

Wachsende Ansprüche an die Bioökonomie

Globale Trends wie die wachsende Weltbevölkerung, die zunehmend in Städten lebt, und eine schnell wachsende globale Mittelschicht, die z. B. mehr Fleisch isst und mehr Energie nachfragt, werden die Konkurrenz um Biomasse und damit die Zielkonflikte in den kommenden Jahrzehnten noch verstärken. Zugleich ist das Potential für Biomasse begrenzt. Bioökonomie muss auf bessere Technologien und Verfahren setzen und wird nicht alle Ansprüche erfüllen können.

Köpfe des Wandels

Dr. Christian Lutz ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH und leitet den Bereich Energie und Klima. Er hat umfangreiche Erfahrungen in der Entwicklung und Anwendung makroökonometrischer Modelle und der Quantifizierung zukünftiger Entwicklungen. Forschungsschwerpunkte sind nachhaltige Entwicklung, energiewirtschaftliche Fragen, Klimaschutz, Arbeitsmarkt und internationaler Handel.

Die Bioökonomie heute beschreiben

Wie lassen sich vor diesem Hintergrund Chancen und Zielkonflikte der Bioökonomie frühzeitig erkennen? Welchen Einfluss hat z. B. das Verbrauchsverhalten in Europa auf die Landnutzung in Südostasien oder Brasilien? Welche Teile der Biomasse nutzen wir zukünftig am besten als Nahrungsmittel, als Rohstoff oder zur Energiegewinnung und wie sichern wir dabei die Vielfalt der Natur?

Zur Klärung dieser Fragen sind zumindest zwei Voraussetzungen wichtig. Erstens muss die Bioökonomie besser beschrieben und eingeordnet werden, gemäß dem Prinzip „was du nicht messen kannst, kannst du nicht lenken“. Ein akzeptiertes und durch Zahlen belegtes Bild der Bioökonomie ist Basis für die Entwicklung langfristiger Strategien. Sowohl Deutschland (vgl. SYMOBIO) als auch die EU bauen ein entsprechendes Monitoring der Bioökonomie auf, das auch die internationalen Ströme von Biomasse erfasst.

Folgen zukünftiger Entwicklungen abschätzen

Zweitens lassen sich auf Basis der heutigen Bioökonomie denkbare Zukunftspfade entwickeln. Was wäre, wenn Nahrungsmittelabfälle um die Hälfte reduziert werden könnten, oder Pflanzen in großem Maßstab in Bioraffinerien verarbeitet würden? Szenarien unterschiedlicher zukünftiger Entwicklungen können in Modellen quantifiziert werden, die auch indirekte Wirkungen und Ausweichbewegungen erfassen.

Im BMBF-geförderten Vorhaben BEST werden zwei Modelle weiterentwickelt, die die Bioökonomie in Europa mit ihren internationalen Wechselwirkungen abbilden. Das Projekt geht der Frage nach, welche Beiträge und welche Zielkonflikte sich aus unterschiedlichen Zukunftsentwicklungen für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ergeben können. Und es erlaubt die Abschätzung der Folgen nationaler Politikmaßnahmen wie international koordinierter Mechanismen.

Diese Folgenabschätzung aus der Vogelperspektive kann Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft helfen, Chancen durch neue Verfahren und Technologien ebenso wie Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, damit die Bioökonomie dazu beiträgt, dass die Nachhaltigkeitsziele im Jahr 2030 erreicht werden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​