Der Hunger nach tierischen Proteinen in der Welt wächst. Fisch ist besonders gesund und lecker und spielt in vielen Gesellschaften eine bedeutende Rolle für die Ernährungssicherung. Viele wilde Fischbestände sind überfischt und wir können nicht wie in einer Fabrik einfach die Produktion erhöhen, wenn die Nachfrage steigt. Denn wir produzieren nicht, sondern wir jagen und sammeln. Da liegt es nahe, dass man auf die Idee kommt, von der „wilden“ Fischerei zur Aquakultur überzugehen.
Der Übergang vom Jäger und Sammler zum Kulturwirt schreitet im Fischereisektor in atemberaubender Geschwindigkeit voran. Auf dem Land dauerte dieser Übergang mehrere tausend Jahre. Bei der Fischerei wurde die Aquakultur innerhalb eines halben Jahrhunderts von einer vernachlässigbaren Größe zur dominierenden Produktionsform. Seit 2013 ist die weltweite Aquakulturproduktion größer als der Fang in der Fischerei.
Aus der Perspektive der Institutionenökonomie – der Teil der Ökonomie, der sich mit der Entstehung und Veränderung von Regeln und Verträgen beschäftigt – ist dies ein fundamentaler gesellschaftlicher und ökonomischer Wandel. Der Fischer wird zum Wirt. Es muss in sehr viel größerem Stil investiert werden, z. B. in Anlagen, junge Fische und Futter. Ein kleiner Fischer fährt nachts zur See und weiß gegen Mittag, was er gefangen hat. Ein Aquakulturwirt benötigt, ähnlich einem Landwirt, viele Monate, bis seine Arbeit „Fische trägt“. Manche Fischer werden zu Angestellten, andere müssen mit Banken verhandeln und vollkommen neue Vertriebswege eröffnen, denn es stellt sich die Frage, was man mit so viel Fisch macht, wenn er „fertig“ ist. Es gibt keine guten oder schlechten Tage wie beim Fischer, aber dafür Seuchen, die innerhalb von wenigen Tagen einen ganzen Produktionszyklus zerstören können. So viele Fische auf einem Haufen brauchen Platz und machen Dreck. Das stellt die Gesellschaften (Gemeinden, Regionen, Staaten und darüber hinaus) vor große regulatorische Herausforderungen und birgt ein großes Konfliktpotential.